für die Menschen in Bonn, Rhein-Sieg-Kreis und die Nachbarn an Rhein, Ahr und Erft

Allgemein

Sonderbericht des Bundesrechnungshofs zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Stromversorgung

Sonderbericht des Bundesrechnungshofs zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Stromversorgung

1. Einleitung

Das Gelingen der Energiewende ist eine enorme Herausforderung. Sie zielt auf eine grundlegende Umstellung der Energieversorgung in Deutschland auf erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz ab. Schon im Jahr 2035 soll das Stromsystem weitgehend klimaneutral sein. Die Bundesregierung ist dabei auf eine anhaltende Unterstützung ihrer Bürgerinnen und Bürger angewiesen, damit die Transformation erfolgreich ist.

Die Maßnahmen auf dem Weg dahin müssen wirksam sein. Und sie dürfen die Menschen und die Wirtschaft nicht überfordern.

Mit unseren Prüfungen machen wir als Bundesrechnungshof transparent, wo wir, Deutschland, die Bundesregierung stehen und wo Verbesserungen dringend notwendig sind.

Deshalb haben wir uns schon mehrfach zur Energiewende geäußert, zuletzt im Jahr 2021 in einem Sonderbericht zur Frage, wie der Bund die Energiewende steuert. Das Ergebnis war: unzureichend!

Seitdem hat der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg auf die Ukraine weitere Schwachpunkte und Herausforderungen der deutschen Energieversorgung offenbart. Daraufhin hat die Bundesregierung einen massiven weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien angekündigt. Im Jahr 2030 sollen sie 80 % des Bruttostromverbrauchs decken – mit dem Ziel Klimaneutralität und Verringerung der Importabhängigkeiten bei fossilen Energien.

Diese Entwicklungen und Ziele haben wir zum Anlass genommen, zu prüfen, wie die Bundesregierung die Energiewende umsetzt mit Blick auf die energiepolitischen Vorgaben und Ziele: eine sichere, bezahlbare sowie umweltverträgliche Versorgung mit Strom.

Unser Prüfungsergebnis ist ernüchternd: Die bisherigen Maßnahmen sind ungenügend. Die Bundesregierung ist im Verzug beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze sowie beim Aufbau von Backup-Kapazitäten. Hinzu kommen Wissenslücken über die Umweltwirkungen der Transformation und kein Konzept gegen hohe Strompreise. Zugleich fehlt ihr ein integriertes Monitoring, das alle energiepolitischen Ziele in den Blick nimmt. Die Risiken für die Energiewende und damit für unseren Wohlstand sind groß. Die Bundesregierung sollte unsere Prüfungsfeststellungen nutzen, um die aufgezeigten Defizite zu beseitigen.

Was heißt das im Einzelnen?

Der Bundesregierung sind energiepolitische Ziele vorgegeben: Die Energieversorgung soll sicher, bezahlbar und umweltverträglich sein (§ 1 EnWG). Jedoch ist sie bei keinem dieser drei Ziele auf Kurs: Die sichere Versorgung ist gefährdet, Strom ist teuer und Umweltwirkungen kann die Bundesregierung nicht umfassend bewerten.
So gefährdet die Bundesregierung die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung, den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie das Erreichen der Klimaschutzziele.

Denn übergreifend festzuhalten ist: Die Bundesregierung hat kein wirksames Monitoring zur Steuerung der Energiewende.

  • Für die Versorgungssicherheit unterstellt das Monitoring, dass alle ambitionierten Ziele rechtzeitig erreicht werden („Best-case“) – obwohl die tatsächlichen Entwicklungen eine andere Sprache sprechen. Der „Best-case“ ist sehr unwahrscheinlich und wirklichkeitsfremd. Den Zweck des Monitorings hebelt das Bundeswirtschaftsministerium faktisch aus. Damit fehlt ein funktionierendes Frühwarnsystem zur Identifizierung von Handlungsbedarfen.
  • Für Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit fehlen bis heute die Ziel- und Monitoringsysteme, die für eine Bewertung der Energiewende notwendig sind. Mit dem Einstellen des Monitorings „Energie der Zukunft“ hat die Bundesregierung das einzige Instrument ausgesetzt, mit dem sie Wechselwirkungen und Zielkonflikte zwischen den energiepolitischen Zielen erfassen und lösen konnte.

2. Versorgungssicherheit

Die sichere Stromversorgung ist gefährdet, denn die Bundesregierung hinkt ihren Zielen in wesentlichen Bereichen hinterher. Schließlich müssen die Erneuerbaren Energien einen steigenden Strombedarf decken. Dieser soll um 33 % ansteigen auf 750 TWh in 2030 (von 565 TWh in 2021). Am vorgezogenen Kohleausstieg im Jahr 2030 hält die Bundesregierung fest, den Ausstieg aus der Kernenergie hat sie bereits im April 2023 vollzogen.

Gleichzeitig

  • verzögert sich der Ausbau erneuerbarer Energien. So konnte die Bundesregierung 2023 nur 50 % der geplanten Leistung bei Windenergie an Land vergeben: statt 12,84 GW nur 6,38 GW. Um den Zielpfad zu erreichen, müsste sie im Jahr 2024 nunmehr 16,46 GW vergeben. Das ist nicht realistisch.
  • kann die Bundesregierung ihren Zeitplan für den Zubau gesicherter, steuerbarer Backup-Kraftwerke voraussichtlich nicht einhalten.
  • liegt der Netzausbau sieben Jahre und 6 000 km hinter der Planung zurück.

Auf den Punkt gebracht: Unzureichende Kapazitäten und ein wirklichkeitsfremdes Monitoring gefährden die sichere Versorgung mit Strom.

3. Bezahlbarkeit

Auch die Bezahlbarkeit der Stromversorgung ist gefährdet. Sehr hohe Stromkosten belasten die Unternehmen, also den Wirtschaftsstandort Deutschland, und private Haushalte.

Die Energiewende geht mit massiven Kosten einher, deshalb sind weitere Preissteigerungen absehbar. Allein der Ausbau der Stromnetze erfordert Investitionen von mehr als 460 Mrd. Euro bis 2045. Um den sehr hohen Strompreisen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung diese wiederholt mit staatlichen Mitteln punktuell bezuschusst. Dadurch entsteht ein falsches Bild der tatsächlichen Kosten der Transformation.

Die Bundesregierung muss die Systemkosten der Energiewende klar benennen. Und endlich bestimmen, was sie unter einer bezahlbaren Stromversorgung versteht.

4. Umweltverträglichkeit

Die Bundesregierung kann nicht gewährleisten, dass die Energiewende die Umwelt möglichst wenig belastet. Denn ihr liegen zwar Erkenntnisse zu negativen Umweltwirkungen erneuerbarer Energien vor, wie der Inanspruchnahme von knappen Flächen und Ressourcen oder zur Biodiversität. Zu zahlreichen Umweltwirkungen hat sie aber keine oder nur ungenügende Daten, um die Auswirkungen der Energiewende bewerten zu können.

Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Energiewende die schutzwürdigen Belange der Umwelt ausreichend berücksichtigt. Hierfür muss sie umgehend ein wirksames Ziel- und Monitoringsystem zur Umweltverträglichkeit einführen, um unerwünschte Wirkungen frühzeitig zu erkennen und angemessen nachzusteuern.

5. Fazit

Das Gelingen der Energiewende ist von herausragender Bedeutung für Deutschland. Ihre Ziele sind ambitioniert. In der Umsetzung hinkt Deutschland diesen Zielen aber deutlich hinterher. Bei der Stromversorgung ist die Bundesregierung nicht auf Kurs. Ein Scheitern hätte gravierende Folgen. Schließlich ist der Erfolg der Energiewende zentral für ihre Akzeptanz in der Bevölkerung, für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für das Erreichen der Klimaschutzziele.

Die Bundesregierung muss dringend umsteuern, damit die Transformation erfolgreich ist. Sie sollte unsere Prüfungsfeststellungen und -empfehlungen nutzen, um die aufgezeigten Defizite zu beseitigen:

  • um Klimaneutralität bei gleichzeitiger sicherer, bezahlbarer und umweltverträglicher Versorgung mit Strom zu erreichen;
  • um das Generationenprojekt Energiewende endlich zielgerecht umzusetzen.

https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2024/energiewende/kurzmeldung.html

https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2024/energiewende-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Wir sollten nicht diskutieren, OB wir einen Wachstumsimpuls brauchen werden – sondern darüber, WIE dieser aussehen sollte, damit er nicht wie ein Strohfeuer verpufft.

„Größter Wirtschaftseinbruch seit Bestehen der Bundesrepublik“, „Voranzeigen bei Kurzarbeit übertreffen die Krise 2008“ – nur zwei Titelmeldungen von vielen. Klar ist: Die durch Corona ausgelöste Wirtschaftskrise ist eine der schwersten der letzten Jahrzehnte. Teils erleben wir die damit einhergehende Not schon jetzt im Freundes- oder Bekanntenkreis, teils wird sie erst sichtbar werden.

Wir sollten daher nicht diskutieren, OB wir einen Wachstumsimpuls brauchen werden – sondern lieber darüber, WIE dieser aussehen sollte, damit er nicht wie ein Strohfeuer a la Abwrackprämie kurzfristig verpufft. 

Denn Krisen sind immer auch Katalysatoren für Veränderungen, da sie bereits bestehende Megatrends beschleunigen. Daher sollten wir den Neustart der Wirtschaft verknüpfen mit der ohnehin notwendigen Modernisierung unseres Landes und unseres Kontinents. Und wir sollten beherzt handeln – weil in Krisen immer mehr möglich ist, als vorher möglich war. So lässt sich der Boden für das Wachstum von etwas Neuem bereiten. Dann kann aus einem Konjunkturpaket ein Modernisierungspaket, ja sogar ein nachhaltiger Modernisierungssprung werden. Genau das schlagen wir vor:

Erstens: Starten wir eine Offensive für eine moderne Infrastruktur!

Vieles, für das man früher sogar ins Flugzeug gestiegen ist, geht plötzlich auch vom heimischen Schreibtisch aus. Zugleich wird schmerzlich klar, woran es immer noch hapert: an einer wirklich flächendeckenden Breitband- und Mobilfunkversorgung. Jetzt wäre es höchste Zeit für den Ausbau der digitalen Netz-Infrastruktur. Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir zudem ein europäisches Hochgeschwindigkeitszugnetz bauen, das sich endlich nicht mehr hinter dem Japans oder Chinas verstecken muss – und so Klima und Zeitkonto der Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen entlastet?

Das wäre Leitprojekt und Sinnbild eines europäischen Recovery-Programms – für ein Europa, das in der Krise eben nicht zerbricht und die Grenzen schließt, sondern enger zusammenwächst. Anstelle von Kaufprämien sollten wir das europaweite Schnellladenetz für Elektroautos so dicht knüpfen, dass es den Bürgern die Angst vor der Langstrecke nimmt. So unterstützen wir auch die für uns alle so wichtige Autoindustrie bei der Transformation durch einen stärkeren heimischen Markt. Und schließlich zeigt der aktuelle Fokus einmal mehr, dass unsere Schulgebäude weit mehr als einen neuen Anstrich brauchen. Hier eine nationale Kraftanstrengung durch den Bund zu starten ist geboten – anders als beim Digitalpakt diesmal unbürokratisch.

Zweitens: Modernisieren wir unser Steuer- und Abgabensystem!

Als Startimpuls könnten eine ganz neue Idee ausprobieren: Warum lassen wir den Staat nicht bei allen Neueinstellungen die Sozialversicherungsbeiträge bis Jahresende 2020 aus Steuermitteln übernehmen? Der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber hat dies kürzlich vorgeschlagen, damit die Einstellungsdynamik nicht wegbricht, weil unsere bisherigen Maßnahmen, wie die Kurzarbeit, vor allem auf die Sicherung bestehender Beschäftigungsverhältnisse abzielen. 

Entlasten wir die Bürgerinnen und Bürger zudem dauerhaft, gerade mit kleinen und mittleren Einkommen. So kurbeln wir den Binnenkonsum an und schließen eine Gerechtigkeitslücke – damit Deutschland nicht mehr die nach Belgien zweithöchste Belastung ausgerechnet denjenigen zumutet, die auch in der Corona-Krise die größte Last getragen haben und durch harte Arbeit aufsteigen wollen.

Und wann, wenn nicht jetzt, sollten wir unser Unternehmenssteuerrecht modernisieren, das schon lange im internationalen Vergleich negativ auffällt? Eine degressive Abschreibung könnte in den Unternehmen dauerhaft Erneuerung fördern. Und wenn wir das Steuer- und Abgabesystem anpacken, sollten wir das geförderte Bildungssparen gleich mit regeln und Deutschland zum Vorreiter bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung machen. Gerade in Start-Ups – für Fachkräftegewinnung, bessere Aktienkultur und damit langfristigen Vermögensaufbau.

Drittens: Verstehen wir Klimaschutz richtig!

Manche nehmen Corona zum Vorwand, alles in Frage zu stellen, für andere ist der wirtschaftliche Niedergang der Königsweg zur Emissionsreduktion – beides ist grundfalsch. Stattdessen sollten wir jetzt endlich ernst machen mit Klimaschutz durch Innovation. Ein Beispiel ist das Zukunftsthema Wasserstoff, ohne den die Pariser Klimaziele nicht zu schaffen sein werden. Mit einem Markthochlaufprogramm könnten wir hier Deutschland entschlossen zum Leitmarkt machen.

Wichtige Bausteine wären der Aufbau einer Wasserstoff(lade)infrastruktur sowie der Wegfall regulatorischer Hürden bei der Nutzung der Erneuerbaren Energien, wie des Einspeisezwangs und doppelter Netzentgelte. Die Belastung der privaten Verbraucher sowie der Unternehmen durch hohe Steuern und Abgaben auf Strompreise muss auch reduziert werden. Das stützt den konjunkturellen Aufschwung und beendet die Absurdität, dass auch sauberer Strom verteuert wird.

Schließlich sollten wir uns kürzere Planungs- und Genehmigungsverfahren zutrauen. Die Krise hat gezeigt, wie Verfahren zu beschleunigen sind, wie unbürokratisch Prozesse ablaufen können. Diesen Spirit brauchen wir jetzt endlich auch bei großen Infrastrukturprojekten und dem Ausbau der Strom- und Gasnetze für Erneuerbare Energien. 

Viertens: Passen wir Gesetze und Verwaltung an unser digitales Zeitalter an!

Selbständige und Freelancer fühlen sich in dieser Krise schmerzlich als Erwerbstätige zweiter Klasse behandelt – dabei müssen wir gerade ihre Innovationskraft im Aufschwung nutzen. Viele Menschen freuen sich darauf, irgendwann das Homeoffice verlassen und wieder ins Büro gehen zu können. Gleichzeitig ist klar, dass künftig mehr Menschen öfter selbst entscheiden wollen, wann und von wo sie arbeiten. Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir also einen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten samt einem modernisierten Arbeitszeitgesetz schaffen. Die Niederlande unter dem Liberalen Mark Rutte haben es uns vorgemacht. Während der Krise konnten die Menschen sich zudem digital arbeitslos melden, von zu Hause ihr Hochzeitsaufgebot bestellen und viele weitere Behördengänge von der Couch aus erledigen. All das war vorher angeblich nicht möglich – und sollte nach der Krise unbedingt möglich bleiben, weshalb Gesetze von allen unnötigen persönlichen Vorspracheregeln und dergleichen befreit werden müssen. Einen Schub muss es auch für sichere und datenschutzkonforme Daten-Anwendungen und Forschung zu Künstlicher Intelligenz und eHealth geben, wie nicht nur die aktuelle Diskussion um eine Corona-Tracing-App zeigt. Genau jetzt ist die Zeit für die Vollendung des digitalen Binnenmarkts in Europa. 

Die Frage des richtigen Zeitpunkts für einen Wachstumsimpuls wird noch kompliziert genug. Wir sollten daher mit einer Verständigung über den Inhalt schon jetzt starten. Entlang der skizzierten Leitlinien könnte nicht nur ein Modernisierungspaket entstehen, sondern auch ein neuer Konsens aus der Mitte heraus. Ein Konsens, der immer nur dann gelingt, wenn alle bereit sind, nicht zurück, sondern nach vorne zu blicken und über den eigenen Schatten zu springen. Jetzt wäre die Zeit dafür!

Auch veröffentlicht im HANDELSBLATT am 6. Mai 2020

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Johannes Vogel

Jetzt in Digitalisierung und Innovation, in Forschung, Entwicklung und Infrastruktur investieren – kein Programm für einzelne Branchen oder reine Konsumanreize.

Die Corona-Krise lässt die Konjunktur im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg abstürzen. Der IHK-Konjunkturklima-Indikator fällt mit 67 Punkten auf den tiefsten jemals gemessenen Wert – nach 112 Punkten zum Jahresbeginn 2020 und dem Allzeithoch von 132 Punkten zu Jahresbeginn 2018.

“Wir befinden uns in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg”, führte IHK-Präsident Stefan Hagen beim virtuellen Pressegespräch am 13. Mai 2020 zu Wirtschaftslage aus: “Nach vielen Jahren des Aufschwungs und meist guter Entwicklung der Geschäfte bremsen das Corona-Virus und die damit zusammenhängenden Maßnahmen des Lockdowns die regionale Wirtschaft massiv aus.”

Jedes zweite Unternehmen bezeichnet die aktuelle Geschäftslage als schlecht.

Dem stehen nur noch 15 Prozent mit einer anhaltend guten Situation gegenüber. Bis zum Jahresbeginn waren immer etwa 40 Prozent mit ihrer Situation zufrieden. 84 Prozent der befragten Unternehmen spüren negative Auswirkung auf ihre Geschäfte.

“Besonders stark betroffen sind hier das Gastgewerbe mit einem Index von nur noch 12 Punkten und die Verkehrsbranche”, so IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Hubertus Hille.

Zwei Drittel der Unternehmen verzeichnen eine geringere Nachfrage nach den eigenen Produkten und Dienstleistungen.

Jeweils über 40 Prozent sind von der Absage von Messen und Veranstaltungen bzw. von der Stornierung von Aufträgen betroffen. 30 Prozent berichten von Liquiditätsengpässen und mehr als jedes fünfte Unternehmen muss sogar einen Stillstand der geschäftlichen Tätigkeit verkraften. Jedes zweite Unternehmen rechnet mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäfte in den kommenden 12 Monaten, nur 18 Prozent erwarten eine Zunahme. Hille: “Insbesondere im Gastgewerbe, in der Logistikbranche und im Einzelhandel sind die Aussichten sehr düster – trotz der von der NRW-Landesregierung beschlossenen Lockerungen.

Wenn sich die Geschäfte kurz- bis mittelfristig nicht wieder verbessern, wird das für viele Unternehmen zwangsläufig in die Insolvenz führen.”

Auswirkungen wird dies auch auf den Arbeitsmarkt haben.

38 Prozent der befragten Unternehmen planen derzeit einen Personalabbau, nur sechs Prozent wollen ihre Beschäftigungsumfänge erhöhen. Die Arbeitslosenquote liegt mit 6,1 Prozent bislang nur um 0,8 Punkte über dem Vorjahreswert. Hille: “Ein größerer Anstieg der Arbeitslosigkeit wird durch die Möglichkeit des Kurzarbeitergeldes verhindert. Bisher haben 7.500 Unternehmer Kurzarbeit beantragt. In den bisher erfolgten Anzeigen werden 76.000 Personen aufgeführt. Wir müssen in den kommenden Monaten mit einem Rückgang der Beschäftigung und einem weiteren Anstieg der Arbeitslosenzahlen rechnen.”

Fast die Hälfte der Unternehmen hat auf Hilfsmaßnahmen von Bund und/oder Land zurückgegriffen.

72 Prozent der Unternehmen, die Hilfe angenommen haben, haben Kurzarbeitergeld beantragt. 67 Prozent haben einen Antrag auf eine Soforthilfe in Form eines Zuschusses gestellt. Fast 40 Prozent haben zudem die Möglichkeit genutzt und Steuerstundungen oder Herabsetzungen von Vorauszahlungen mit ihrem zuständigen Finanzamt zu vereinbaren. Immerhin noch 20 Prozent nutzen ein Darlehen der KfW oder einer der Förderbanken.

Hagen: “Überwiegend zufrieden sind die Unternehmen bisher mit den Verfahren zur Beantragung von Kurzarbeitergeld, der Soforthilfe und den möglichen Steuerstundungen, wobei bei der Soforthilfe die teilweise schleppenden Überweisungen und die Problematik der Solo-Selbstständigen, die nicht wissen, ob sie die Soforthilfe für ihren Lebensunterhalt verwenden dürfen, das positive Bild etwas trüben. Bei den Themen Vergabe von Bankkrediten, Darlehen, Bürgschaften und Exportkreditversicherungen halten sich positive und negative Bewertungen jeweils in etwa die Waage.”

Die Bewertung des Krisenmanagements auf den unterschiedlichen politischen Ebenen fällt differenziert aus.

Mit einer Durchschnittsnote von 2,3 liegt die Bundesregierung ganz vorne. An zweiter Stelle folgt mit einer Durchschnittsnote von 2,7 die Landesregierung. Hagen: “Die unterschiedlichen Vorgaben der Kommunen bei Schließungen, Lockerungen und Öffnungen etwa bei Hotellerie und Gastronomie waren für die Unternehmen verwirrend.” Deutlich zurück fällt die Einschätzung mit Blick auf die politischen Maßnahmen auf EU-Ebene während der Corona-Krise.

Jetzt in Digitalisierung und Innovation, in Forschung, Entwicklung und Infrastruktur investieren – keine Programme für einzelne Branchen oder reine Konsumanreize

Um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, spricht sich die IHK für weitere konjunkturelle Maßnahmen und Programme aus. “Wir sollten jetzt in Digitalisierung und Innovation, in Forschung, Entwicklung und Infrastruktur investieren”, so IHK-Präsident Hagen, der sich zugleich gegen Konjunkturprogramme ausspricht, die nur einzelnen Branchen zugutekommen und rein konsumtiven Charakter haben. “Helikoptergeld oder Gutscheinlösungen können allenfalls ein kurzes Strohfeuer entfachen – deshalb sehen wir so etwas kritisch. Konjunkturprogramme sollten besser so aufgelegt werden, dass die Wirtschaft in der Breite davon profitiert und wir durch Investitionen des Staates in Infrastruktur und Technologie gleichzeitig positive Effekte für die Zukunft unseres Standortes und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen leisten”. Hille: “Auch die nächste Generation von Unternehmen dürfen wir nicht vergessen. Die von NRW zugesagte Soforthilfe für Gründer muss jetzt – wenn sie noch Wirkung entfalten soll – zeitnah umgesetzt werden.”

10 Jahre “Stiftung Zukunft durch Bildung”, durch immer mehr Beteiligte Unterstützung für aktuell 13 Grundschulen und 24 Kitas

Ende April 2010 habe ich meine „Stiftung Zukunft durch Bildung“ gegründet. Genauer gesagt: Einen Stiftungsfonds unter dem Dach der gemeinnützigen Bürgerstiftung Bonn.

Meine Frau war im Januar nach langer Krankheit gestorben, und ich stand vor der Frage, wie ich als Witwer im Alter von 77 Jahren mein zukünftiges Leben gestalten sollte. Kinder, die zu bedenken waren, hatten wir leider nicht.

Da lag der Gedanke nahe, etwas für Kinder zu tun, und zwar für solche, die nicht das Glück haben, mit einer soliden Berufsausbildung aus dem Elternhaus in das Leben entlassen zu werden, wie es meiner Frau und mir zuteilgeworden war.

So war der Stiftungszweck schnell gefunden: Hilfe und Unterstützung für Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Verhältnissen mit dem Fokus auf die Bildung.

Das Stiftungsvermögen bestand im Wesentlichen aus dem Verkaufserlös der ehelichen Eigentumswohnung, die für mich als Witwer zu groß war. Ich zog zur Miete in eine altersgerechte Seniorenwohnung.

Mit dem zur Verfügung stehenden Kapital konnte ich keine eigene, rechtsfähige Stiftung mit Geschäftsstelle, Vorstand und Kuratorium gründen. Die Zinsen aus dem Stiftungsvermögen hätten nicht einmal die Kosten gedeckt. In Betracht kam also nur ein rechtlich unselbständiger, also nicht rechtsfähiger Stiftungsfonds als Teil einer rechtsfähigen Stiftung, eben der Bürgerstiftung Bonn.

Damit habe ich die Möglichkeit, innerhalb der Bürgerstiftung meinen Stiftungszweck mit den Mitteln zu verwirklichen, die meinem Fonds von der Bürgerstiftung intern gutgeschrieben werden. Das sind einmal die Zinsen auf mein eingelegtes Stiftungskapital und zum zweiten Spenden von Dritten für meine Stiftungsarbeit, für die von der Bürgerstiftung Zuwendungsbestätigungen ausgestellt werden.

Ein weiterer großer Vorteil meines Stiftungsmodells liegt darin, dass ich von einer gut ausgestatteten Geschäftsstelle mit motivierten Mitarbeitern professionell unterstützt werde. Auch eine kleine Stiftung kann man nicht als Einzelner vom Wohnzimmer aus mit Telefon und Laptop steuern.

Zusammen mit dem Geschäftsführer der Bürgerstiftung Bonn und ehrenamtlich tätigen Beiratsmitgliedern entwickele ich Konzepte für die Stiftungsarbeit, die anschließend umgesetzt werden.

Eines dieser Projekte ist der Bonner Bildungsfonds, der sich seit seiner Gründung im Herbst 2013 sehr gut entwickelt hat. Die Idee, die dahintersteckt, ist so einfach wie wirksam: Ausgesuchte Grundschulen und Kitas in einem sozial schwierigen Umfeld erhalten für jedes Schuljahr Pauschbeträge zwischen 1.500 und 6.000 Euro, gestaffelt nach Schüler- und Kinderzahl, über deren Verwendung Schul- und Kitaleitung nach einem gemeinschaftlich mit der Stiftung erstellten Förderrahmen frei entscheiden können. Über Bedarf und Einsatz der Mittel wird also nicht von der Stiftung am Grünen Tisch nach Aktenlage entschieden, sondern vor Ort von denjenigen, die am besten wissen, was Not tut. Gefördert werden Aktivitäten der Erziehungseinrichtungen in den Bereichen Bildung, Begabung und Bewegung.

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, das jeweils im Einzelnen darzustellen. Wer interessiert ist, kann im Internet www.bonner-bildungsfonds de aufrufen.

Der Bonner Bildungsfonds, dessen Arbeit von meinem Stiftungsfonds koordiniert und auch finanziell mitgetragen wird, hat mit fünf Grundschulen und einem jährlichen Einsatz von 25.000 € begonnen. Im Schuljahr 2019/20 erreicht er mit 136.000 € schon 13 Grundschulen und 24 Kitas. Und er wird weiterwachsen, da auch die Zahl der am Fonds beteiligten Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen stetig ansteigt.

Neben der Beteiligung am Bonner Bildungsfonds führt mein Stiftungsfonds weitere Aktivitäten im schulischen Bereich durch, deren Aufzählung den Rahmen dieser Darstellung sprengen würde. Hierzu verweise ich auf die Homepage der Bürgerstiftung Bonn (Rubrik: Unsere Stiftungen) sowie auf http://www.stiftung-zukunftdurchbildung.de.

Durch die Anbindung an die Bürgerstiftung Bonn ist mein Stiftungsfonds unsterblich geworden. Ich weiß, dass nach meinem Tod die gemeinnützige Arbeit im Sinne des Stiftungszwecks weitergeführt wird. Das ist ein beglückender Gedanke. 

Meine Empfehlungen: 1. Mehr Hygiene im Alltag, 2. … in den Schulen und 3. Basis-Produktion von Medizin-Produkten im Inland

Als Ärztin liegen für mich drei Empfehlungen nach den Erfahrungen der letzten Wochen auf der Hand:

1. Verbesserung der Hygiene im Alltag

Das Verhalten der Patienten jeden Tag in meiner Praxis zeigt, dass die meisten Menschen noch nicht wissen, welche Konsequenzen sie persönlich zum Schutz von sich und dem Praxis-Personal vor einer Ansteckung ziehen müssen. Da müssen wir für jedermann/jede Frau mehr Aufklärungsarbeit an vielen Stellen leisten.

2. Verbesserung der Hygiene in den Schulen

Schon bisher war die Hygiene und der Zustand der Toiletten in unseren Schulen für ein zivilisiertes Land völlig unakzeptabel.

  • Unverzüglich muss die Reinigung der Schulen sich an den Anforderungen der Hygiene ausrichten. Nicht der billigste Anbieter, sondern der wirtschaftlichste, bei Einhaltung der Standards, darf den Zuschlag erhalten.
  • Die Einhaltung der Qualitätsstandards muss an jeder Schule in kurzen Fristen überwacht werden.
  • Wir müssen die Reinigung der Schulen nicht als schmutziges Geschäft, sondern als Beitrag zum Gesundheitsschutz begreifen und alle Beteiligten auch entsprechend wertschätzen.3.

3. Eine Basis-Produktion von Medizin-Produkten im Inland muss gewährleistet sein

Die Erfahrung, dass Arzneimittel und Medizinprodukte wegen Lieferproblemen kaum noch verfügbar sind, weil wir gerade bei einfachen Erzeugnissen die Herstellung in ferne Länder verlegt haben, muss Konsequenzen haben.

Sparsamkeit und effizienter Einsatz der finanziellen Mittel im Gesundheitswesen darf nicht zu fundamentalen Problemen bei der Gesundheitsversorgung führen. Natürlich muss man gründlich prüfen, wie das sinnvoll geregelt wird. Jedes größere Unternehmen organsiert seinen Einkauf aus strategischen Gründen so, dass es für wichtige Vorprodukte und Dienstleistungen zwei bis drei Lieferanten hat. So könnte es Standard, notfalls Gesetz werden, dass Kliniken und Händler ab einem bestimmten Volumen von Einkäufen bei inländischen Produzenten einem bestimmten Anteil ihres Bedarfs decken. Vielleicht genügen 5-10 Prozent. So wäre eine Produktion im Inland sicher gestellt. Ob das Inland die EU oder explizit Deutschland sein muss, wird ebenfalls zu prüfen sein.

Krisen haben auch immer eine zweite Seite der Medaille, wenn auf die Chancen verwiesen wird, die daraus entstehen (können).

Krisen haben auch immer eine zweite Seite der Medaille, wenn auf die Chancen verwiesen wird, die daraus entstehen (können). So als wäre der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen und würde aus der Historie lernen. Wenn es denn so einfach wäre. Wir klammern uns in der Krise an höhere Wesen und machen danach dann doch wieder weiter als wäre nichts geschehen. Bis zur nächsten Krise.
So ist leider zu befürchten, dass auch im Fußball die jetzt so beschworenen Selbstheilungskräfte des Marktes so aussehen, dass außer kleinen Kollateralschäden sich nichts wesentliches ändert. Wie auch schon das #BosmanUrteil oder die #KirchPleite wird die #CoronaPandemie auch nicht zu einem Umdenken führen.
Wie ist es anders zu erklären, dass allen Ernstes von der DFL Szenarien entwickelt werden, Anfang Mai wieder mit #Geisterspielen durchzustarten. Schließlich stehe die Existenz der Profivereine auf dem Spiel. Es geht um 36 Unternehmen – bei 100.000en Unternehmen in Deutschland, die durch Corona betroffen sind und nicht ein oder aus wissen. Viele Solo-Selbstständige, die buchstäblich um ihren Lebensunterhalt kämpfen müssen. Aber die Proficlubs sind sich selbst wieder am nächsten. Ganz perfide wird es dann, wenn die Fortsetzung der Meisterschaft mit der gesellschaftlichen Verantwortung des Fußballs begründet wird. Der Fußball trage zur Ablenkung und Zerstreuung in diesen Krisenzeiten bei. Geht es noch? Es geht einzig und allein um die Fernsehgelder, die auf der Kippe stehen. Deshalb bleiben Fans und Ultras bei den Planungen auch außen vor. Augen zu und durch mit Geisterspielen, zur Not auch auf Kosten der Gesundheit der hochbezahlten Angestellten auf dem grünen Rasen. Während ganz Deutschland das Kontaktverbot mehr oder weniger einzuhalten versucht, wollen die Bundesligen Zweikämpfe im Sechzehner.
Gesellschaftliche Verantwortung? Das beweisen einzig und allein zahlreiche Faninitiativen und Ultragruppen, während Verbände und Vereine sich weg ducken und auf Sicht spielen. Da lobe ich mir doch den Belgischen Fußballverband, der seine Saison konsequent abgebrochen hat, seiner Verantwortung gerecht geworden ist und jetzt mit einem Europa-Ausschluss bedroht wird und eventuell zurückrudern muss. Unseren Vereinen fällt nichts ein, als ihre Fans noch um finanzielle Unterstützung zu bitten, damit der Ball bei Geisterspielen rollen darf. Und unsere reichen Verbände rufen nach Staats/Steuergeld, um den systemrelevanten Profivereinen das Überleben zu garantieren. Und sprechen sich dafür aus, bei der Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit alle Augen in der Krise zuzudrücken. Ein tolles Signal an die solide wirtschaftenden Vereine. Und auch der Punktabzug soll bei Planinsolvenzen entfallen, Hurra wir leben noch!
Weniger Fernsehgelder, keine weitere Zersplitterung der Spieltage, weniger Logen für das Eventpublikum, geringere Gehälter und Ablösesummen, mehr Einfluss von Fans und Mitgliedern – Horrorszenarien für unsere Wirtschaftsunternehmen der DFL? Die Krise könnte dazu führen, sich grundsätzlich einmal Gedanken über den Fußball, Ligenstrukturen und diverse Auswüchse zu machen, statt immer weiter so. Doch im Profifußball geht es nur um das hier und jetzt – und in den Klassen darunter?
Vorrangig sind in der aktuellen Situation die Gesundheit und das Wohlergehen möglichst aller. Dahinter muss der Fußball zurück stehen. Wie sollen denn Spiele mit oder ohne Zuschauer risikofrei durchgeführt werden? Was geschieht, wenn Spieler, Trainer oder Funktionsteam infiziert sind und dann alle Kontaktpersonen in Quarantäne müssen? Wer testet mit welchen Kapazitäten und in welchen Abständen? Wer sorgt für die Desinfektion von Stadien und Spielstätten? Die Liste ließe sich beliebig fortführen.

„Nicht jammern, sondern anpacken“, Bericht über Buchvorstellung + Diskussion am 3. 12. 2019 in Bonn „Alternativlos? 50 Fakten für solidere Politik“ von Hans-Peter Kosmider,

„Nicht jammern, sondern anpacken“, Bericht über Buchvorstellung + Diskussion am 3. 12. 2019 in Bonn „Alternativlos? 50 Fakten für solidere Politik“ von Hans-Peter Kosmider, Münster 2019

Am 3. Dezember 2019 hat der Autor Hans-Peter Kosmider sein Buch „Alternativlos? 50 Fakten für solidere Politik“, in Bonn im Kirchenpavillon am Kaiserplatz vorgestellt. Das Buch ist aus der Initiative in Münster „Mehr Mut zur Tat“ www.mehrmutzurtat.de heraus entstanden. Das „Politische Forum Mehr Mut zur Tat“ hat sich vorgenommen, eine breite gesellschaftliche Diskussion anzustoßen und mit Abgeordneten ins Gespräch zu kommen. Es will erreichen, dass auch in anderen Städten diese Initiative aufgegriffen wird. Der Autor weist auf die Fakten in verschiedenen Politikfeldern hin, damit diese Grundlage für Sachlösungen bilden. Häufig werden in Deutschland Lösungen diskutiert, die der öffentlichen Debatte folgen, aber nicht auf Fakten beruhen und dann zu volkswirtschaftlich falschen Entscheidungen führen.

Hans-Peter Kosmider stellte in einem kurzen Bericht eine kleine Auswahl seiner Recherche-Ergebnisse vor:

  • Er belegte den wachsenden Wohlstand anhand der Entwicklung des Brutto-Inlandsprodukts seit 1955, und der durchschnittlichen Größe des Wohnraums pro Person,
  • aber rückläufige Investitionen in Bildung, Anlagen, Gebäude und Ausrüstungen
  • mit der Konsequenz des Rückgangs der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands (beim “World Competetive Index” des IMD, bei den Fähigkeiten der Schüler in Rechtschreibung, Zuhören und Mathematik),
  • die zunehmende Komplexität und Dauer von Genehmigungsverfahren, die wegen der fehlenden Leitungen sogar das unstreitige Ziel der Durchleitung von Windstrom von Nord nach Süd erschweren,
  • die Ausweitung des Sozialbudgets auf das 12-fache seit 1960 bei lediglich einer Verdoppelung der öffentlichen Bau-Investitionen
  • den Anstieg der Lebenserwartung und der Rentenbezugsdauern, die rechnerisch eine Rente mit 72 erfordern
  • den deutlichen Rückgang der Stickoxid-Emissionen von Diesel-PKW und -LKW.

Er beendete den Vortrag mit einem Zitat aus der „Ruckrede“ von Roman Herzog von 1997:

“Es ist ja nicht so, als ob wir nicht wüssten, dass wir Wirtschaft und Gesellschaft dringend modernisieren müssen. Trotzdem geht es nur mit quälender Langsamkeit voran. Uns fehlt der Schwung zur Erneuerung und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, eingefahrene Wege zu verlassen, Neues zu wagen. Ich behaupte: Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.”

Im anschließenden Gespräch mit Dr. Hans Reckers, ehemaligem Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank, meinte Kosmider, dass wir angesichts der geschilderten Situation nicht von einem Staatsversagen sprechen müssten. Er stimmte Reckers zu, dass im Dreieck Bürger/Medien/Politik alle für die kritisierten Entwicklungen verantwortlich seien. Die Bürger sollten selbst auf die Politiker zugehen und mutigere Entscheidungen auf Basis der Fakten einfordern. Das ehrenamtliche Engagement der Bürger, auch der jungen Menschen, sei erfreulich. Auch durch entsprechende Focussierung durch die Medien stünden aber Partikular-Interessen mehr im Vordergrund als das Gemeinwohl. Das beeinflusse die Politik, die den Bürgern zu wenig den Blick auf das Ganze und die Handlungsnotwendigkeiten vermittele.

Fehlendes Lobbying für das Gemeinwohl und mangelnder Blick aufs Ganze war dann auch die vom Publikum in der Diskussion unterstützte Analyse mit breiter Zustimmung. Eine Ursache wurde dabei auch in der Berichterstattung der Medien gesehen, die vorzugsweise gegensätzliche Standpunkte vorstellen und so den Rändern mehr Platz einräumen, statt die Mitte zu stärken.

Sobald die Herausforderungen durch Corona einigermaßen bewältigt sind, wird die deutsche Politik neue Lösungen für alte Probleme finden müssen.

Derzeit haben Corona-bedingte Maßnahmen für Gesundheit der Bevölkerung und zur Unterstützung der Unternehmen und der Arbeitnehmer zu Recht Priorität. Schon jetzt zeigt sich die Sinnhaftigkeit ausgeglichener öffentlicher Haushalte in den “guten Zeiten”, so dass Deutschland nun in großem Umfang öffentliche Gelder mobilisieren kann.

Sobald die Herausforderungen durch Corona einigermaßen bewältigt sind, wird die deutsche Politik neue Lösungen für alte Probleme finden müssen:

  • Die Gesetzliche Rentenversicherung ist inzwischen zu weniger als 70% durch Beiträge finanziert und braucht einen ständig steigenden Zuschuss aus dem Bundeshaushalt (in 2020 über 100 Mrd. Euro).
  • Die vernachlässigte Infrastruktur im Digitalen, aber auch im Straßen- und Bahnverkehr sowie das unterfinanzierte Bildungs­system, für das in Relation zum BIP 15% weniger als im EU-Durchschnitt ausgegeben wird, mindern Deutschlands Zukunftsperspektiven.
  • Der Corona-bedingt rückläufige Verkehr hat Stickoxid-Belastungen kaum reduziert. Die erwogenen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, weil ein von der EU vorgege­bener Grenzwert von 40 μg Stickoxiden pro m3 Luft an einigen Straßen überschritten wird, obwohl der Grenzwert in deutschen Büros 60 μg beträgt, erweisen sich als wenig sinnvoll. 
  • Die Niedrigzinspolitik der EZB kostet deutsche Sparer 55 Mrd. jährlich an Zinsverlusten; die öffentlichen Haushalte werden in ähnlicher Höhe entlastet. Die Folge sind stark steigende Vermögenspreise und eine Umverteilung “von unten nach oben”.

Als Antwort auf Corona muten die Regierungen dem Volk viel zu – das Volk stimmt ganz überwiegend zu. In wesentlichen Politikfeldern hat aber bisher der Mut gefehlt, politische Fehlentwicklungen zu korrigieren. Es fehlte und fehlt weiterhin auch an Bereitschaft, dem Wahlvolk “die ganze Wahrheit” zu vermitteln und für eine langfristig solidere Politik zu werben. Auch fehlt es an politischen Alternativen, denn bei den “großen” Themen sind die Programme der traditionellen Parteien erstaunlich ähnlich.

In meinem Buch “Alternativlos ?  50 Fakten für solidere Politik” präsentiere ich relevante Fakten für wesentliche Politikbereiche, um diese stärker in den Dialog mit unseren Politikern einzubringen. Wir brauchen eine Intensivierung der politischen Debatte, die weniger durch “Sonntags­reden”, sondern durch ehrliche Auseinandersetzung mit den zentralen Handlungs­erfordernissen geprägt ist. Dann kann Deutschland auch nach Corona eine gute Zukunft haben.

Beruflich war ich in leitenden Funktionen bei Banken und Versicherungen und bin derzeit Vorstand der Stiftung Bürger für Münster, in der 400 Bürger in sozialen und vernetzenden Projekten aktiv sind. Zusammen mit Gleich­gesinnten habe ich 2018 das “Politische Forum Mehr Mut zur Tat” (www.mehrmutzurtat.de) gegründet, das interessierten Bürgern Fakten zu zentralen politischen Themen vermittelt und Bürger und Politiker zum Dialog zusammenbringt.