für die Menschen in Bonn, Rhein-Sieg-Kreis und die Nachbarn an Rhein, Ahr und Erft

Werner Preusker

Die Vorteile der Marktwirtschaft aufzeigen sowie Mut machen, die Chancen der Marktwirtschaft zu nutzen und mit Optimismus den Herausforderungen der Zukunft begegnen!

Vor 73 Jahren, im Juni 1948, führte Ludwig Erhard die Soziale Marktwirtschaft im westlichen Teil Deutschlands ein. Mit dieser Ordnung für Wirtschaft und Gesellschaft — verpflichtet auf die Werte von Freiheit und Verantwortung und mit dem Wettbewerbsprinzip als Kern — wurde den Bürgern ermöglicht, sich ein materiell sicheres Leben zu erarbeiten und ihre individuellen Lebenspläne zu verwirklichen.

Angesichts großer technologischer und geopolitischer Umwälzungen meinen manche Beobachter, das Modell der Sozialen Marktwirtschaft würde im Nebel der Geschichte verschwinden. Während diese Aussage noch  als  provokanter  Weckruf  verstanden  werden  kann,  wollen  andere  Kräfte  einen  Wechsel  hin  zu  einem  System  mit  planwirtschaftlicher Steuerung erreichen, weil sie der Marktwirtschaft die Tauglichkeit bei der  Bewältigung  aktueller  Probleme und Herausforderungen absprechen.

Ich  bin  dagegen  überzeugt,  dass  die  Soziale  Marktwirtschaft  auch  angesichts  der  neuen  Herausforderungen  das  einzige  Konzept  ist,  verantwortliches Handeln, Freiheit und Wohlstand  zu  verbinden.  Die  Soziale Marktwirtschaft wird ihre Anpassungsfähigkeit unter Beweis stellen.

Was ist der Bürgerwille?

Tatsächlich  hat  mehr  als  die  Hälfte der Bevölkerung, nämlich 54 Prozent, eine gute Meinung von unserem Wirtschaftssystem. Das ist das Ergebnis  einer  repräsentativen  Umfrage  des Instituts für Demoskopie Allensbach  vom  Frühjahr  2021.  Erfreulich  ist,  dass  der  Trend  nach  oben  zeigt:  Vor  zehn  Jahren  hatten  nur  48  Prozent eine gute Meinung von der Sozialen Marktwirtschaft, 2005 waren es sogar nur 25 Prozent, so das Institut. Die  Zufriedenheit  zeigt  sich  auch  darin, dass mit Blick auf die aktuellen wirtschaftlichen Probleme fast zwei Drittel (64 Prozent) das Wirtschaftssystem  nicht  grundlegend  infrage  stellen,  das  tun  nur  18  Prozent.  Zu­gleich glaubt nur eine verschwindend kleine  Minderheit  von  acht  Prozent,  dass  es  ihr  persönlich  besser  ginge,  wenn der Staat stärker in wirtschaft­liche  Abläufe  eingriffe  —  das  ist  der  niedrigste Wert seit über 15 Jahren.

Doch sind das nur Lippenbekennt­nisse?  Bei  zahlreichen  Entwicklungen  und  Gesetzen  zeigt  sich,  dass  die  Bürger  mehrheitlich  für  die  Idee  eines  beschützenden  Staates  votieren,  der  eine  umfangreiche  Garantie  für  ein  gutes  Leben  abgibt  —  ein  Versprechen,  das  der  Staat  niemals  wird halten können, sobald er gegen die Marktkräfte agiert. So sollte beispielsweise die Deckelung der Mieten in  Berlin  günstigen  Wohnraum  garantieren, weil die Marktkräfte nach der Logik einer das Angebot überstei­genden Nachfrage die Preise steigen ließen.  Die  Folge  war  die  Verschärfung  des  Problems,  indem  weniger  Wohnungssuchende  ein  für  sie  passendes Angebot bekamen als zuvor.

Nun  ist  der  Mietendeckel  vorerst  durch  das  Urteil  des  Bundesverfassungsgerichts aufgehoben, doch wohlgemerkt:  Die  marktwidrige  Regelung ist juristisch an einer Kompetenzüberschreitung  des  Landes  Berlin  gescheitert,  nicht  aber  an  einer  Verteidigung  des  marktwirtschaftlichen  Prinzips  und  der  Bekämpfung  des  Interventionismus.  Dieser  Umstand  wurde  in  den  Kommentaren nur sehr wenig thematisiert. Der Marktwirtschaft  als  solcher  fehlt  in  Deutschland zu oft der Anwalt!

Es  mutet  seltsam  an,  dass  ausgerechnet in dem Land, in dem die Soziale Marktwirtschaft nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs so erfolgreich war, so wenig Verteidigung erfährt. Dabei hat sich das marktwirschaftliche Konzept stets jeder Bürokratie bis hin zu sozialistischen Konzepten als überlegen erwiesen: angefangen damit, als Ludwig Erhard mit der Freigabe der Preise und der Wiederingangsetzung  des  Preismechanismus  als  Knappheitsanzeiger  die  Marktwirtschaft einführte — das gilt sowohl für die Bekämpfung von Hunger und Not in der Bevölkerung in den Nachkriegsjahren als auch für den rasanten Aufbau des materiellen Wohlstands  —,  bis  zuletzt,  als  es  darum ging, einen Stoff zur Immunisierung gegen  das  Covid-19-Virus  zu  entwickeln.  Der  Impfstoff  war  schließlich  nicht das Produkt von „Planification“ oder Sozialismus, sondern wurde von im Wettbewerb stehenden Unternehmen entwickelt.

Auszug  aus dem Beitrag „Soziale Marktwirtschaft:  Überlegenheit durch Wettbewerb“ von Roland Koch in der Sonderveröffentlichung der Ludwig-Erhard-Stiftung „Wohlstand für Alle – Vorteil Marktwirtschaft“,  mit freundlicher Genehmigung der Stiftung.

https://www.ludwig-erhard.de/wp-content/uploads/Ludwig-Erhard-Stiftung_2021_Wohlstand-f%C3%BCr-Alle-Vorteil-Marktwirtschaft.pdf

Es ist das fünfte Heft aus der Publikationsreihe der Ludwig-Erhard-Stiftung. Die  Vorteile  der  Marktwirtschaft  aufzuzeigen,  Mut  zu  machen,  die  Chancen  der  Marktwirtschaft  zu  nutzen und mit Optimismus den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen – das ist das Anliegen.

In  der  Publikation  legen  Persönlichkeiten  aus  Wissenschaft,  Politik,  Medien  und  unternehmerischer  Praxis  ihre  Erfahrungen  und  Positionen  dar,  um  der Marktwirtschaft eine  Stimme  zu  geben.  So  entstand das Heft mit klarer Positionierung im Sinne Ludwig Erhards. Beigetragen haben unter anderem WELT-Chefredakteur  Ulf  Poschardt,  der  ehemalige  Bundesverfassungsrichter  Hans-Jürgen  Papier,   IW-Direktor Michael Hüther, Bundeskartellamtspräsident  Andreas Mundt, die Geschäftsführerin des Allensbacher  Instituts  Renate  Köcher,  die  Ökonomen  Justus  Haucap  und  Achim  Wambach  sowie  Lilium-Mitgründer Daniel Wiegand.  Mit Blick auf die Bundestagswahl wurde zudem ein Blick auf die Wahlprogramme der Parteien gewor-fen  und  mit  den  Parteivorsitzenden  Armin  Laschet  (CDU),  Markus  Söder  (CSU),  Annalena  Baerbock  (Bündnis 90/Die Grünen), Christian Lindner (FDP) und Norbert Walter-Borjans (SPD) gesprochen. Ein Interview mit Bundesbankpräsident Jens Weidmann, Mitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung, rundet die Beiträge zur Frage nach der Rolle des Staates ab.

Pleitgen zieht aus dem Weg der Einheit den Schluss: „‘Nichts ist unmöglich‘. ‚Auch nicht das Gute!‘ Für die Politik von heute eine ermutigende Erkenntnis!“

Die Deutsche Einheit und Ihre Hintergründe sind Teile der Bonner Republik. Ihnen widmet sich das neue Buch von Fritz Pleitgen.

Wollte man einen Spitzenjournalisten erfinden, um diese Entwicklung zu schildern, man hätte Fritz Pleitgen erfinden müssen, also einen Fernseh-Journalisten, der zunächst intensiv die Politik in den Zentren von Ost und West, sowie sodann in Bonn erlebt hat. Der reale Journalist Pleitgen verkörpert genau dies. Geboren 1938, ging er 1970 als Korrespondent der ARD nach Moskau, übernahm 1977 die Leitung des ARD-Studios in Ostberlin und wechselte 1982 als Leiter ins ARD-Studio Washington und ab 1987 New York. 1988 kam er nach Deutschland zurück und war bis 1994 Chefredakteur Fernsehen und Leiter des Programmbereichs Politik und Zeitgeschehen; dort erlebte er die Vollendung der Einheit, die ohne Moskau und Washington so nicht möglich gewesen wäre. Seine letzten zwölf Jahre beim Westdeutschen Rundfunk war Pleitgen bis 2007 dessen Intendant. Von 2011 bis 2021 war er Präsident der Deutschen Krebshilfe.

Kein anderer Reporter dürfte so hautnah den kalten Krieg mit deutscher Teilung und dessen Wende zur deutschen Einheit miterlebt haben. Begegnungen mit Breschnew, Brandt, Honecker, Reagan, Kohl und Gorbatschow beeinflussen seinen Weg. Hieran lässt Pleitgen den Leser plastisch teilhaben.

Persönliche Erlebnisse prägen Inhalt und Stil des Buches: die spürbaren Erleichterungen für Journalisten in Moskau durch das KSZE-Abkommen; Filmaufnahmen und die Unterhaltung mit Honecker bei einer Hasenjagd; Überwachung beim Filmen in der kleinsten Brauerei Deutschlands in Singen bei Erfurt; Stasi, Stasi und immer wieder Stasi; das Kontrastprogramm der völligen journalistischen Freiheit in den USA; die Einigung mit ihrem Umfeld bis zum letzten Gespräch mit Gorbatschow unmittelbar bevor das rote Banner der Sowjetunion durch die gestreifte Flagge Russlands und Gorbatschow durch Boris Jelzin ersetzt wurde. Keines der Ereignisse war jedoch zu negativ, um mit einem guten Schuss Humor dargestellt zu werden. Alle Schilderungen sind sauber mit Fakten unterlegt und mit tiefen Wertungen begleitet. Ohne Humor sind die abschließenden Bewertungen der USA unter Trump.

Hoch interessant sind auch die journalistischen Begleitumstände der jeweiligen Begegnungen und Erlebnisse. Freier Journalismus und östliche Diktatur sind wie Feuer und Wasser. Und dennoch, mal sind es Umwege, mal Offenheit die zum journalistischen Ziel führen. Pleitgen hat offenbar die Gabe gehabt, zu wissen, wann welcher Weg zu gehen war und lässt den Leser daran teilhaben.

Die Bildauswahl unterstützt die außergewöhnlichen eigenen Erfahrungen des Autors, z.B. eine Aufnahme von Pleitgen zusammen mit Breschnew und Nixon schon 1973; Auszüge aus seiner Stasi-Akte. Interviews zum Verhältnis Stasi/Presse, ein umfangreiches Personenregister und ein bewegendes Schlusswort runden das Buch ab. Zusammenfassend: eine Lektüre über guten Journalismus, Vertiefung eigener Erinnerungen für Zeitgenossen und gelebte geschichtliche Hintergründe für die Jüngeren. Pleitgen zieht aus dem Weg der Einheit den Schluss: „‘Nichts ist unmöglich‘. ‚Auch nicht das Gute!‘ Für die Politik von heute eine ermutigende Erkenntnis!“

Gebundene Ausgabe: 374 Seiten mit 31 Abbildungen

Verlag Keyser, Berlin und Verlag Herder, Freiburg i.B.  (11. Mai 2021)

Preis: 24.00 € ISBN 978-3-451-39053-1;  eBook: 18.99 € ISBN 978-3-451-82434-0

Das Fahrrad ist „in“. Fahrräder sind sicherlich wirtschaftlich und umweltfreundlich. Aber müssen sich Radler deshalb nicht an die StVO halten?

Lockdown und Homeoffice reduzieren den Autoverkehr, sogar unabhängig von besonderer Umweltpolitik. Fahrradfahren ist bundesweit einfach „in“. Auch die neuerdings, grün geprägte Bundestadt Bonn setzt vermehrt auf Radverkehr. Nicht ganz zu Unrecht, denn Fahrräder sind sicherlich wirtschaftlich und umweltfreundlich. Aber gilt deshalb die Straßenverkehrsordnung nicht für Radfahrer und Radfahrerinnen?

Fahrradfahrer benötigen keine Fahrschule, keine Fahrprüfung und keinen Führerschein. Der Fahrunterricht an Grundschulen lehrt nachhaltig das Beherrschen der Fahrtechnik. Die Verkehrsregeln werden offensichtlich zu oft verdrängt oder später vergessen. Da wird in unübersichtlichen Situationen rechts überholt, an Fußgängerüberwegen nicht abgestiegen und, und, und. Es ist natürlich bequemer, Autos zu behindern, als selber Rücksicht auf Fußgänger nehmen zu müssen. Das aus den blauen Schildern mit einem weißen Fahrrad folgende Verbot, den neben dem Radweg liegenden Straßenkörper zu benutzen, ist lästig – ja es wird sehr oft nicht einmal gekannt [zum abgebildeten Zeichen 240 sagt der Gesetzgeber: „Der Radverkehr darf nicht die Fahrbahn, sondern muss den gemeinsamen Geh- und Radweg benutzen (Radwegbenutzungspflicht)“]. Man darf sich also nicht wundern, wenn Radfahren keine ungeteilte Akzeptanz genießt.

Nicht nur für das Image der Radfahrer wäre es besser, wenn sie die für sie geltenden Verkehrsregeln kennen und sich an diese halten würden. Auch eine Stadt, die auf Fahrräder setzt, sollte auf rechtsstaatliche Standards achten und diese gegebenenfalls mit Bußgeldern durchsetzen – selbst bei den geliebten Fahrradfahrern. Da muss nicht gleich der totale Überwachungsstaat her – nur etwas gleichberechtigte Ordnung bei allen Verkehrsteilnehmern wäre nicht schlecht. Und, wo Regelungen nicht passen, sollten sie zügig überprüft und geändert werden. Letzteres ist bei der Beschilderung relativ einfach.

In einigen Situationen sind die rechtlichen Vorgaben nicht widerspruchsfrei: Gilt etwa bei jedem Zusammentreffen von Fahrradweg und allgemeiner Straße automatisch rechts vor links für Fahrräder oder liegt ein Fahrbahnwechsel vor, bei dem Fahrradfahrer anderen Vorfahrt gewähren müssen? Wo wird das Rechtsfahrgebot für Kfz aufgehoben? Wieviel Vorsicht ist für Radfahrer geboten, um stehende (!) Kfz ausnahmsweise rechts überholen zu dürfen? In der Praxis ist zu beobachten, dass Radfahrer diese Verkehrslagen in der Regel einseitig zu ihren Gunsten auslegen, obwohl die Straßenverkehrsordnung als oberstes Gebot allen (!) Verkehrsteilnehmern „ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“ auferlegt. Manches Mal hat man das Gefühl, dass diejenigen, die Straßen und Wege ausschildern oder bemalen lassen, selbst nicht genau wissen, welche verkehrsrechtlichen Regeln dabei ausgelöst werden.

Freie Fahrt für freie Bürger – ja, aber: Es darf nicht sein, dass diejenigen, die sich nicht an Recht und Gesetz halten, besser vorankommen als andere.

Es schadet immer dem Rechtsstaat, wenn die Gesetzestreuen als die Dummen dastehen.

Interview mit Karina Kröber

RheinPublik: Frau Kröber, Sie sind Mitinhaberin von „Kröber Hören & Sehen“ in Bonn und Vorsitzende des Vereins City-Marketing Bonn. Was sind die Ziele des Vereins?

Karina Kröber: Wir wollen als Initiative aus Handel, Gastronomie und Kultur den „Erlebnisraum Innenstadt“ gestalten, so die Attraktivität der City erhöhen und als Lebens-, Wirtschafts-, Kultur-, Arbeits- und Wohnstandort verbessern. Wir sind diejenigen, die jedes Jahr im Herbst das Bonn-Fest und auch Bonn Leuchtet organisieren,  die Bürgeraktion „Unser Ludwig“ auf dem Münsterplatz 2019 haben wir gemeinsam mit den Bürgern für Beethoven ins Leben gerufen.

RheinPublik: Was war denn bisher Ihr größter Erfolg?

Karina Kröber: Das war ganz sicher die Aktion „Unser Ludwig“, Kunstinstallation „Ode an die Freude“ von Ottmar Hörl. Zwei Wochen lang haben wir 700 lächelnde Skulpturen des jungen Ludwigs in Opalgrün und Gold auf dem Bonner Münsterplatz in einer Kunstinstallation präsentiert. Die Aktion hat nicht nur Aufsehen und großes Medien-Interesse erzeugt, sondern die Bonner emotional wirklich bewegt. Im wörtlichen Sinne durch eine Aktion der Tanzschule Lephene, die mit allen Bonnern zwischen den Ludwigs getanzt hat, aber auch im übertragenen Sinne durch viele Menschen, die ihre Freude an der Aktion ausgedrückt haben, die ihre ehrenamtliche Hilfe anboten, Kaffee und Kuchen für die Helfer brachten und die Patenschaft eines Ludwigs übernommen haben.

Wir freuen uns darüber ja nicht nur als Geschäftsleute, sondern als Bonner Bürgerinnen und Bürger, die sich mit Herz und Verstand für ihre Heimat einsetzen. Am Ende haben wir den Prototypen dann auch noch versteigert und konnten so mit dem Erlös auch noch ein Projekt unterstützen, an dem uns sehr liegt: dem Prälat Schleich-Haus. Das ist ein Treffpunkt für Obdachlose, eine Einrichtung der Caritas, wo die Menschen sich nah an der City treffen können, eine warme Mahlzeit bekommen und betreut werden. Dafür hatten wir früher schon ein anderes erfolgreiches Projekt gestartet: den Beethoven Taler, den man in einer Reihe von Geschäften in der City kaufen konnte und so diese Einrichtung für Obdachlose unterstützen konnte.

RheinPublik: Was haben die Stadt Bonn und ihre Bürger von den Aktionen des Vereins City-Marketing?

Karina Kröber: Gastronomie, Handel und Kultur machen eine Stadt lebendig. Bistros, Cafes, Restaurants, Eisdielen, Weinstuben, Kaufhäuser, Fachgeschäfte und Boutiquen, Kinos, Theater, natürlich auch städtische und kirchliche Angebote wie Volkshochschule und Gemeindezentren. (Aufzählung Vorschlag von W. Preusker) Ohne Leben in der Stadt sähe es in der City traurig aus, das sehen wir leider in vielen anderen Innenstädten. Seit Einrichtung der Fußgängerzone gilt Bonn mit seinen vielen Straßencafes und der lebendigen Innenstadt für viele als die nördlichste Stadt Italiens. Eine leere Stadt ist trostlos und stößt Besucher ab, in einer lebendigen Stadt kann man sich sicher fühlen und sie zieht Besucherinnen und Besucher zum Bummeln für Verabredungen an.

RheinPublik: Was können denn die Bürger tun, um Ihre Arbeit zu unterstützen?

Karina Kröber: Wir freuen uns über Ideen und konstruktive Kritik. Unser Verein nimmt auch Freunde und Förderer auf und man kann sich an unseren Aktionen beteiligen. Eine relativ neue Idee sind Pflanzkästen, wie in der Bonngasse. Das fänden wir sehr schön, wenn wir Blumen auch in anderen Straßen hätten. wir planen eine Begrünung der Innenstadt und bei Anklang werden wir Patenschaften anbieten, diese zu pflegen.

Eine Aktion, an der sich jeder beteiligen kann, ist „BLEIB STARK – KAUF VOR ORT“. Die Gewerbevereine Bonn´s haben hierzu eine Bekennerkampagne entwickelt und sich prominente Bonner zur Unterstützung geholt: Seit dem 02.12.2020 erscheinen in ganz Bonn Werbeschaltungen in einer eigenen Bildsprache, zu Beginn mit den Gesichtern von Margie Kinsky und Bill Mockridge mit dem Slogen „Keine Frage – oder? Bleib stark – kauf vor Ort“-

Weitere Bonner prominente Gesichter werden folgen und über die sozialen Medien startet diese Kampagne mit vielen Bonner Gesichtern aus sämtlichen Bereichen des Lebens.

Ebenso startete an diesem Tag eine groß angelegte Radioaktion, ebenfalls mit der Familie Mockridge/Kinsky.

Unterstützung fanden die Vereine bei vielen Sponsoren, die ohne großes Zögern Ihre finanzielle Zusage gaben, so dass diese Kampagne überhaupt stattfinden kann: Stadt Bonn, SWB, Sparkasse Köln Bonn, Hahne Gastronomie, IHK, Haus und Grund, Bäckerei Rott, Intersport u.v.m.

Auch die Bonner Gewerbevereine sind darum bemüht, ihrer Aufgabe in diesen Zeiten gerecht zu werden und ihre Mitglieder in jeglicher Art zu unterstützen. Dies ist eine Aktion, die auf die Emotionalität aller Bonner Bürger abzielt – bitte unterstützen Sie uns!

Übrigens: die Idee stammt von Patrick Müller, Augenoptik- und Hörakustikmeister aus dem Hause Kröber Hören und Sehen am Friedensplatz. Selbst betroffen macht er sich Sorgen um die Zukunft des Bonner Einzelhandels und hofft auf jede Unterstützung.

RheinPublik: Was könnte denn die Stadt Bonn tun, um Ihre Arbeit zu unterstützen und die Innenstadt zu beleben?

Karina Kröber: Auch die Stadt Bonn, Rat und Verwaltung, haben Interesse an einer lebendigen Innenstadt und unterstützen uns in der Vergangenheit vielfach. Wir gehen davon aus, dass dies auch mit dem neuen Rat so bleibt. An erster Stelle wünschen wir uns das direkte Gespräch vor politischen Entscheidungen. Auch wir sind für sichere Rad- und Fußgängerwege. Wir sind sehr dafür, dass man mit einem vernünftigen Konzept erst den Ausbau von ÖPNV, Fahrradwegen und -Parkplätzen angeht, dann braucht es unserer Meinung nach gar keine Beschränkungen mehr für den motorisierten Individualverkehr. In keiner Großstadt reissen die Menschen sich darum, mit dem PKW in die Innenstadt zu fahren, weil eben alles andere so gut ausgebaut ist. Darauf sollten wir abzielen und nicht durch Umleitungen, Verbote etc. den Autoverkehr verbieten. Das tut dem eh schon gebeutelten Handel nicht gut.  Im Gegenteil, dass wird ihm das Genick brechen.

Auch mehr Wohnraum in der Innenstadt durch Dachgeschoßausbau, wie von der neuen Koalition geplant, ist eine tolle Idee für mehr Leben in der Stadt und gegen den Wohnungsmangel. Auch da muss man aber konzeptionell denken. Warum dürfen Anwohner zu bestimmten Zeiten sich nicht mit dem Auto beliefern lassen oder selbst vorfahren, um ihre Einkaufe, Pakete, Koffer, etc. bequem auszuladen oder mit Getränken, mit Möbeln, größeren Einkäufen, wie die Geschäfte beliefert werden?

Wie gesagt, miteinander reden ist ein Schlüssel für vernünftige Regelungen und vernünftigen Interessenausgleich. Ein Beispiel: Ich wohne auch in der Innenstadt und habe mich geärgert über den kreischenden Lärm nachts aus einem benachbarten Restaurant durch Wegziehen der Tische von der Straße in das Lager. Dann habe ich das einmal mit dem Chef in Ruhe besprochen und seitdem nimmt er Rücksicht. Das ist der richtige Weg, wie wir miteinander umgehen sollten.

RheinPublik: Frau Kröber, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview für RheinPublik führte Werner Preusker

Foto: Randolf Bunge

In der Pandemie sind Kontakte zu bisher Unbekannten nicht angesagt. Doch auch am Telefon kann viel besprochen und beraten werden.

Der WEISSE RING ist keine Versicherung, sondern ein „Gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e. V.“.

Gegründet vor über 40 Jahren von Eberhard Zimmermann (Aktenzeichen XY) stellt der WEISSE RING die Frage: „Wenn alle den Verbrecher jagen – wer kümmert sich dann um die Opfer“. Da hat sich zwar schon einiges für die Opfer getan. Aber weiterhin ist es so, dass die Täter eine Perspektive auf ein Ende ihrer Strafe haben. Demgegenüber gibt es aber Opfer, die wirklich „lebenslänglich“ haben. Der Staat könnte und sollte noch mehr tun. Aber er wird nie alle notwendige Hilfe abdecken. Einen Teil der Lücke kann und will der WEISSE RING abdecken und Hilfe anbieten.

Die unmittelbare Hilfe vor Ort für Opfer wird rein freiwillig von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet, die nicht nur ihre verschiedensten persönlichen und beruflichen Erfahrungen einbringen, sondern speziell aus- und weitergebildet worden sind. Keiner erhält ein Gehalt oder eine pauschalierte Aufwandsentschädigung. Das schafft eine besondere Atmosphäre für die Opfer, da keiner der Helfer eine Relation von Zeit-/Aufwand und beruflichem Ertrag herstellen muss; auch die Vermittlung der Hilfe Dritter, die dem einzelnen Opfer noch spezieller helfen können, stellt sich nicht als Konkurrenz für ein finanzielles Eigeninteresse dar.

Das vertrauliche persönliche Gespräch, das Zuhören ohne Zeitdruck, das Erklären des ungewohnten Strafverfahrens, die Beratung, die Hinweise auf andere Institutionen u.ä. sind oft sehr hilfreich. Naturgemäß sind die Situationen der Opfer und Möglichkeiten der Hilfe unterschiedlich, darauf einzugehen, ist auch eine Stärke. Leider kann die Situation auch so verfahren sein, dass gar keine reale Hilfe möglich ist; das ist auch frustrierend für die Helfer. Den Versuch ist es aber – bis auf minimale Ausnahmen – immer wert.

In der Pandemie sind zusätzliche Kontakte zu bisher unbekannten Personen nicht angesagt. Die persönlichen Gespräche müssen daher aufs Telefon verlegt werden. Das ist natürlich weniger als in Normalzeiten, aber die Opfer haben in aller Regel Verständnis. Auch am Telefon kann viel besprochen und beraten werden.

Der notwendige „Papierkrieg“ bei materieller Hilfe, wie z. B. die Finanzierung von im Einzelfall notwendigen Rechtsanwaltskosten, gestaltet sich auf Distanz ebenfalls etwas komplizierter. Allgemein vorbeugende Informationsveranstaltungen und andere Aktivitäten der Kriminalitätsprävention kommen in der Pandemie weitgehend zum Erliegen.

Schließlich muss viel Lobbyarbeit für Opferbelange – die übrigens von jedem Vereinsmitglied unabhängig von seinem Mitgliedsbeitrag wirkungsvoll unterstützt wird – auf bessere Zeiten vertagt werden.

Neben Bonn hat der bundesweit tätige Verein in der Region auch Außenstellen in Ahrweiler, Euskirchen, Neuwied und Siegburg.

Kontaktdaten

Website:  bonn-nrw-rheinland.weisser-ring.de

Erreichbarkeit der Bonner Außenstelle:

0151-55 16 47 58

weisser.ring.bonn@gmail.com

Postfach 1187,  53348 Rheinbach

Effizienz fördern und fordern statt ungefilterte Personal-Aufstockung, 3-Punkte-Plan für die Bonner Stadtverwaltung

Wie umschrieb es bereits Ernst Forsthoff in seinem Lehrbuchklassiker: Von jeher sei die Verwaltungsrechtswissenschaft um eine Definition ihres Gegenstandes, der Verwaltung, verlegen. Die Vielgestaltigkeit verwaltungsrechtlicher Funktionen scheint bisweilen willkommene Legitimation für ihre grassierende Aufblähung zu sein.

Die Stadt Bonn hat unter der frischgebackenen grünen Oberbürgermeisterin eine besondere Freude an erweiternder Selbstverwirklichung. Welches phantasievolle Framing könnte eine mit etwa 2 Milliarden Euro verschuldete Stadt, die einer Pro-Kopf-Verschuldung jedes einzelnen Bürgers von gut 6.000 Euro entspricht sonst dazu verleiten, gleich 183 Stellen für die Bonner Verwaltung neu zu schaffen? Erinnern wir uns: Bonn ist eine Kommune im Haushaltssicherungsverfahren! Der Gesamtbetrag unserer Aufwendungen ist höher als unsere Erträge und kann derzeit weder durch Rücklagen noch Verrechnungen ausgeglichen werden. Die mangelnde Liquidität ist absehbar.

In der Stellenplanfortschreibung heißt es zur Begründung nur lapidar: infolge des Aufgabenzuwachses beziehungsweise der gesetzlichen Veränderungen.

Schaut man in die Einzelauflistung, freuen die 36 Stellen im Rahmen des Digitalisierungspaketes, die allein 8 Stellen rund um die neue Oberbürgermeisterin, die mit teils übertariflich bezahlten Vertrauenspersonen besetzt werden, geben Anlass zu Fragen. In Anlehnung an das Gießkannenprinzip werden in den meisten Bereichen 1-3 neue Stellen geschaffen, 12 zur Verstärkung des Jobcenters, gleich 30 für die Teilhabe am Arbeitsmarkt über die Grundsicherung für Arbeitnehmer.

Nach Einsparungen auf der anderen Seite sucht man vergeblich; gerade 3 Stellen werden zu diesem Zwecke vorgeschlagen. Die Personalkosten der Stadt steigen in der Folge um jährlich um 7,2 Mio. Euro, das Gesamtbudget für Personal wird zukünftig bei 355 Mio. Euro liegen und ist nach dem Sozialetat die zweitgrößte Aufwandsart der Stadtverwaltung. Die Stadtverwaltung hätte nach Beschlussfassung über die Stellenplanfortschreibung ab 2021 dann insgesamt 5484 Stellen (2020: 5.304).

Warum kommen vergleichbar große Städte wie Bielefeld, Wuppertal, Bochum, Münster, Karlsruhe und Mannheim mit deutlich weniger Personal aus? Bielefeld benötigt über 2000 Verwaltungsstellen weniger als Bonn, Karlsruhe nicht einmal die Hälfte.

Masse heißt also nicht gleich Klasse.

Das Einmaleins der Verwaltung ist die Prüfung der Effektivität ihrer Aufgabenwahrnehmung, der Wirtschaftlichkeit, des Controllings, bevor man ungefiltert Personal aufstockt.

Aus politischer Sicht freilich sieht es anders aus: Man kann sich der Loyalität der neuen Mitarbeiter sicher sein und gibt den alten Mitarbeitern das Gefühl, sie hätten ihre Aufgaben mangels Personal zuvor gar nicht besser erfüllen können.

Dabei müsste der Zug längst in die andere Richtung gehen. Lange schon ist die überdimensionierte Verwaltung der Stadt Bonn schwerfällig und träge geworden, ein Servicegedanke zugunsten der Bürger fernliegend. Statt zu rekommunalisieren, also immer neue Aufgaben in die Stadtverwaltung zu ziehen, sollten Privatisierungen geprüft und gefördert werden. Es gilt, durch die Beauftragung von Profis Fördermittel zu generieren, wie es der Rhein-Sieg-Kreis bereits durchführt, es gilt jede Aufgabe auf den Prüfstand zu stellen und sie im Zweifel dem Wettbewerb zu überlassen, den Mitarbeitern Ziele zu setzen und betriebswirtschaftliches Denken nahezubringen, Effizienz zu fördern und vor allem zu fordern!

Folgender 3-Punkte-Plan sollte implementiert werden:

  1. Welche Aufgaben können andere effizienter erledigen als die Kommune?
  2. Welche Aufgaben sollten in Tochterunternehmen ausgegliedert werden?
  3. Einführung einer Effizienzbenchmark mit dem Ziel zu lernen, was genau andere Kommunen im Vergleich zu Bonn besser machen, um diese Erkenntnis für die Bonner Verwaltung zu nutzen.

Kein Unternehmen könnte es sich leisten, Personal derart über den Durst zu beschäftigen. Öffentliche Gelder aber sind leicht ausgegeben, denn sie betreffen vermeintlich nicht das eigene Portemonnaie.

Von diesem Gedanken aber sollten wir uns endlich lösen, dass wir als Kommune nicht betriebswirtschaftlichen Maßstäben unterliegen. Spätestens nach der Corona – Krise wird uns schmerzlich bewusst werden, wie volatil die Einnahmenseite ist.

Buchbesprechung: Hans Rosling et al, Factfulness – Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist

In seinem 2018 erschienen Buch „Factfulness – Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist“ geht Hans Rosling der Frage nach, ob die Angst vor einem „Untergang des Abendlandes“, wie Oswald Spengler ihn bereits vor gut 100 Jahren prophezeite, real und begründet oder irrational und rein gefühlsmäßig sei. Auf der Basis breit gefächerter, statistisch abgesicherter Daten kommt er zu dem Ergebnis: „Unser Gehirn verführt uns zu einer dramatisierenden Weltsicht, die mitnichten der Realität entspricht.“

Warum unser Gehirn einer „überdramatisierten Weltsicht“ einer „faktengestützten“ den Vorrang einräumt, sieht Rosling in der evolutionsbiologisch begründeten Funktionsweise unseres Gehirns. Es seien letztlich zehn Instinkte, die unser Denken bestimmten, wenn wir uns durch die Fehlinterpretation der tatsächlich gegebenen Situation einer vermeintlichen Bedrohung oder einem „Es wird alles immer schlimmer“-Szenario ausgesetzt wähnten. Angefangen vom Instinkt der Kluft, der dem Bild einer dichotomen Welt, die in Arm und Reich zerfällt, verhaftet ist, bis hin zum Instinkt der Dringlichkeit, der uns in einem permanenten Alarmzustand hält, mögliche Gefahren zu erkennen, um adäquat reagieren zu können, führt der Autor den Leser durch den Reigen der Instinkte, die in den meisten Fällen schon in der Begrifflichkeit die „überdramatisierte Weltsicht“ illustrieren. Einige Beispiele: der Instinkt der Negativität, der Instinkt der Angst, der Instinkt der Verallgemeinerung, der Instinkt der einzigen Perspektive und der Instinkt der Schuldzuweisung. Auch ohne näher auf die einzelnen Instinkte einzugehen, dürfte es leichtfallen, einen Satz wie: „Das Boot ist voll“, bezogen auf Überfremdung und Flüchtlingselend, einem oder gar mehreren der Instinkte zuzuordnen. Die Liste der gängigen Weltuntergangsprophezeiungen ist lang und reicht von der diffusen Angst vor dem Fremden über die vor Kriegen und Naturkatastrophen bis zu der manifesten Angst vor dem Kampf um immer knapper werdende Ressourcen bei stetig wachsender Weltbevölkerung. Wir kennen sie alle und haben ihnen in der Regel wenig entgegenzusetzen.

Hier mahnt Hans Rosling nun zu einer faktenbasierten Haltung, die der Unwissenheit mit Daten, Statistiken und Tatsachen begegnet. Anhand anschaulicher Beispiele räumt der Autor mit überholten Ansichten – Ursprung der Katastrophenszenarien – auf, indem er seine faktenbasierten Erkenntnisse auf Daten aus Quellen international tätiger Organisationen stützt. Die Veranschaulichung der Ergebnisse in (Blasen-)Diagrammen und Schaubildern ist für den Leser leicht verständlich, gut nachvollziehbar und überzeugend; die einzelnen Szenarien werden anhand persönlicher Erlebnisse des Autors spannend in Szene gesetzt.

Als Mediziner und Professor für internationale Gesundheit in Stockholm konnte der 2017 verstorbene Hans Rosling auf einen reichen Erfahrungsschatz in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auf verschiedenen Kontinenten zurückgreifen. Diese Erfahrungen veranschaulichten ihm schon früh die Diskrepanz zwischen einer unbegründeten oder veralteten Weltsicht und der faktengestützten tatsächlichen Entwicklung, wie er sie manchmal auch schmerzhaft an eigenen Fehlurteilen erfahren musste.

Inwiefern man selbst Fehleinschätzungen unterliegt, darf man gleich zu Beginn der Lektüre des Buches erproben. Jeder Leser ist aufgefordert, einen Test zu durchlaufen, um den Realitätsgehalt seiner eigenen Weltsicht zu prüfen. Bei diesem in 14 Ländern durchgeführten Test bezüglich einer realistischen Einschätzung zu Themen wie: Weltbevölkerung, Katastrophen, Bildung, Artensterben u.a. nehmen laut der im Anhang des Buches abgedruckten Auswertung nach Ländern die USA und Südkorea die Spitzenreiter-, Frankreich und Belgien die Schlussposition ein. Deutschland liegt immerhin im Mittelfeld auf Platz sieben.   

Hans Rosling betont, er sei kein Optimist, sondern ein „ernsthafter ‚Possibilist‘“, worunter er einen Menschen versteht, „der weder unbegründeten Hoffnungen anhängt noch sich durch unbegründete Befürchtungen ängstigen lässt.“ Ihm geht es darum, den Leser zu einer kritischen Distanz zu ermutigen, d.h. immer dann Fakten einzufordern, wenn sich einer der „dramatisierenden Instinkte“ zu Wort meldet.

Schon während der Lektüre schwankt der Leser zwischen Erleichterung („Es ist offenbar doch alles besser als befürchtet.“) und Zweifel („Treffen Roslings Erkenntnisse tatsächlich den Kern des Problems?“). Dazu ein Beispiel: Die Aussage: „In den letzten 20 Jahren hat sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Weltbevölkerung nahezu halbiert“, verifiziert Rosling, indem er den rasanten wirtschaftlichen Aufschwung in China, Indien und Süd-Lateinamerika veranschaulicht. Seine Argumentation ist schlüssig, und auch das Aufzeigen positiver Wirtschaftsbedingungen in Ländern auf dem afrikanischen Kontinent überzeugt den Leser, dass der Hunger in der Welt nun doch nicht so schlimm sei wie angenommen. Auf der anderen Seite weist Roslings Einteilung der 2018 ca. sieben Milliarden starken Weltbevölkerung fast eine Milliarde Menschen (800 Millionen) aus, die weniger als 2$ täglich zur Verfügung haben, also in extremer Armut leben. 800 Millionen Menschen, das ist die zehnfache Einwohnerzahl von Deutschland. Und diese Zahl ist und bleibt erschreckend hoch.

Hans Rosling wäre nicht glaubwürdig, sähe er nicht selbst, welche Risiken die Zukunft birgt. Er spricht von fünf globalen Risiken, die ihn beunruhigen: neben einer globalen Pandemie (!), einem Finanzkollaps, dem Dritten Weltkrieg, dem Klimawandel zählt er auch extreme Armut auf. Während er die ersten vier Szenarien als zukünftig möglich einstuft, die dann „Elend unbekannten Ausmaßes bedeuten könnten“, räumt er ein, dass extreme Armut bereits „Realität“ sei und schon heute großes Leid verursache. Den Skeptikern unter den Lesern ist daher zu empfehlen, das Kapitel „Die fünf globalen Risiken, die uns beunruhigen sollten“ zuerst zu lesen.

Mit Bezug auf die 50 Millionen Menschen, die Opfer der Spanischen Grippe zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden, warnt Rosling vor einer globalen Pandemie. „Seriöse Experten für Infektionskrankheiten stimmen darin überein, dass ein neuer aggressiver Grippetyp die größte Bedrohung für die globale Gesundheit darstellt. […] Eine durch die Luft übertragene Krankheit wie die Grippe, die sich schnell ausbreiten kann, stellt für die Menschheit eine größere Bedrohung dar als Ebola oder HIV/Aids.“ Wie weitsichtig, denkt der Leser. Heute, da die Weltbevölkerung seit einem Jahr extrem unter der Bedrohung durch  COVID-19 leidet, erleben wir aber auch „Factfulness in der Praxis“, wenn das Robert-Koch-Institut und Regierungsvertreter eine zahlenbasierte Informationspolitik betreiben, die dazu beitragen mag, die „dramatisierenden Instinkte“ zu zähmen.

Ein erster Erfolg solch einer faktenbasierten Haltung zeichnet sich in dem gerade veröffentlichten „World Happiness Report 2021“ ab. Eine Auswertung des Jahres 2020 unter COVID-19 brachte Deutschland einen ausgezeichneten fünften Platz ein, so dass das Land sich im Gesamt-Ranking 2018 – 2020 auf den Platz 13 vorgearbeitet hat.

Mit seinem Buch „Factfulness – Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist“ leistet Hans Rosling, der von seinem Sohn Ola Rosling und seiner Schwiegertochter Anna Rosling Rönnlund unterstützt wurde, einen wichtigen Beitrag zur Entdramatisierung der Sicht auf die Welt. Auch wenn das Buch keineswegs den Appell enthält, sich beruhigt zurückzulehnen, sind die gravierenden Entwicklungen, die sich in den Ländern jenseits Europas vollziehen, ein positives Signal, dass der „Untergang des Abendlandes“ zurzeit keine akute Bedrohung darstellt.

Factfulness – Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist

Hans Rosling, Anna Rosling Rönnlund, Ola Rosling

Ullstein Taschenbuch, 16,00 €

Aus dem Englischen übersetzt von Hans Freundl, Hans-Peter Remmler, Albrecht Schreiber.

ISBN: 9783548060415

Wer sich jetzt noch nicht mit Online befasst hat, der wird es bereuen, denn der Kunde erwartet auch dieses Angebot vor Ort.

Rheinpublik: Herr Hergarten, Sie sind Geschäftsführer eines der ältesten Inhaber-geführten Familienbetriebe in Bonn. Sie blicken auf einen über einhundertjährigen Geschäftsbetrieb zurück. Was ist das für ein Gefühl in sehr schwierigen Zeiten für Einzelhandelsgeschäfte?

Herr Hergarten: In der Tat hat unser Geschäft eine sehr lange Tradition, gegründet 1911 von meinem Großvater. Wir haben zwei Weltkriege, zwei Währungsreformen und viele Wirtschaftskrisen bewältigt. Die Zahl der Inhaber-geführten Familienbetriebe ist rückläufig, eine der letzten Schließungen war das über Bonn hinaus bekannte Spielzeuggeschäft „Puppenkönig“. Teilweise haben sich die Marktverhältnisse für die Kollegen ungünstig verändert, teilweise haben sie altersbedingt bei fehlendem Familiennachfolger geschlossen. Einige Traditionsgeschäfte sind unter Beibehaltung des Namens an andere Inhaber übertragen worden, sind noch Teil des Einzelhandels in Bonn. Das Internet hat Marktanteile für viele Branchen abgezogen.

Rheinpublik: Mit welcher Strategie hat Ihr Unternehmen diesen langen Weg bewältigt?

Herr Hergarten: Irgendwie haben wir immer zur richtigen Zeit eine Marktanpassung vorgenommen, wobei der Kernbereich, hochwertige Kosmetika, geblieben ist. Wir haben auch einzelne Filialen geschlossen und unser Hauptgeschäft vor einigen Jahren um das Loft8 ergänzt, eine Halle mit Bar für Schmickshows und Jazz-Konzerte.

Wie kommt ein solches Traditionsunternehmen zum Online-Handel?

Herr Hergarten: Im Grunde meines Herzens liebe ich es, mit Kunden persönliche Gespräche zu führen, den Kontakt zu Kunden zu halten, mich zu unterhalten. Vor ca zweieinhalb Jahren haben wir dennoch mit dem online-Handel angefangen, es war spät, aber nicht zu spät. Online hat den großen Vorteil, dass wir nicht nur Kunden aus Bonn ansprechen können, sondern im Prinzip deutschlandweit. Wir haben Bestellungen von Sylt bis Garmisch-Partenkirchen, weil wir den Vorteil haben, dass wir sehr, sehr exklusive Marken in unserem Shop haben. Der Nachteil aber ist, dass Sie sich logischerweise nicht wie in Bonn mit zwei, drei Wettbewerbern messen müssen, sondern deutschlandweit mit hunderten Online-Anbietern. Dadurch entsteht ein sehr großer Preisdruck, d. h. der Kunde kann mit ein, zwei Klicks hunderte verschiedener Preise vergleichen. Das ist erschreckend und faszinierend zugleich. Faszinierend, dass es Sinn macht, einen Shop zu betreiben mit exklusiven Marken, wo dann wirklich Menschen aus Bayern ihre Produkte in Bonn bestellen. Erschreckend, weil bei dieser Anonymität allein der Faktor Preis zählt. Da schlägt eine Variante von Kapitalismus gnadenlos zu, bei der Kundenservice, Kundennähe vollkommen ausgeblendet wird.

RheinPublik: Was ist der Vorteil, wenn ich zu Ihnen ins Geschäft komme, denn dann?

Herr Hergarten: Der große Vorteil ist, dass der Kaufakt im Laden auch etwas Kulturelles ist, man hat Kundenbeziehungen, die sich teilweise über Jahrzehnte ergeben haben. Die Großmutter bringt irgendwann die Tochter mit und die irgendwann ihre Tochter. Dadurch entsteht eine lange persönliche Kundenbeziehung zu uns, mitunter auch Freundschaften. Es gibt auch einen sehr großen kulturellen Aspekt, dass man sich wie auf dem Markt über das Wetter, über die Gesundheit unterhält, oder was in Bonn so passiert zum Beispiel das  politische Geschehen.  So ein Kundengespräch kann über eine halbe Stunde dauern, wobei eben der Kaufakt vielleicht nur den geringeren Teil ausmacht, aber genau dieses Kulturelle, dieses Persönliche hat einen ganz großen Stellenwert.  Das ist ungefähr so wie bei einem Frisör, bei dem man sich die Haare schneiden lässt und man sich über Gott und die Welt unterhalten kann. Menschen, die vielleicht nicht so viele soziale Kontakte haben, für die ist es ein kleiner Gegenpol zur Einsamkeit. Und für das persönliche Gespräch, für das Einkaufserlebnis, zählt das Ambiente eine wichtige Rolle.

Rheinpublik: Also stellt der Kauf im Geschäft auch ein stückweit eine Gegenposition zu Anonymität des Internets dar?

Da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen, der Akt des Kaufens beginnt ja mit einer Begrüßung, nach „Guten Tag Frau Meier“, man hat direkt einen persönlichen Kontakt. Für diese persönliche Begegnung haben wir bei uns im Laden dieses wunderschöne Ambiente, diese alten Barockeinrichtung. Bei uns bekommen die Kunden auch mehrere neue Dinge empfohlen, das heißt, wenn ein Stammkunde den Laden betritt, dann weiß meine Verkäuferin, Aha, diese Kundin mag eher frische Düfte, d. h. die Beratung ist auf einem ganz anderen Niveau. Die Kunden erhalten alles liebevoll eingepackt, man bekommt eine Probe hinzu, man kann sich sonst austauschen über das, was in Bonn so passiert, über kulturelle Dinge oder andere Themen, die diesen individuellen Kunden interessieren. Es gibt einen ganz großen Stammkundenbereich bei uns, der dieses Persönliche geradezu genießt. Für diese persönliche Begegnung ist die Erreichbarkeit der Geschäfte so wichtig.

Rheinpublik Also der Einkauf in einem Einzelhandelsgeschäft oder einem Kaufhaus vor Ort ist auch ein sozialer Akt?

Herr Hergarten: Genau, der ist eigentlich durch nichts zu ersetzten.

Den besten Vergleich liefert im Moment dieser Lockdown, wo gerade die persönlichen Kontakte minimiert werden und viele Leute nutzen jetzt unseren „Call und Collect Service“, rufen ihre Stammverkäuferin an, bestellen ihr Produkt, holen es an der Ladentür ab und bezahlen kontaktlos mit Karte. Da haben wir Gott sei Dank auf Grund der Stammkundschaft durchaus Erfolg.

Rheinpublik Einige technische Aspekte der Kombination des Online-Handels und Stationären-Handel. Wie hat sich der Umsatz im Stationären-Handel im Vergleich  zum Online-Handel entwickelt, wenn man das in Prozent ausdrücken kann.

Herr Hergarten: Wenn Vollmar gefragt ist, dann kann ich sagen, dass bei uns der stationäre Anteil sich ungefähr um 15 Prozent verringert hat, aber durch den online-Handel überkompensiert wird. Für ganz Deutschland kann man sagen,  der größte Wettbewerber, die Firma Douglas, macht bereits über 40 Prozent Umsatz über das Netz und nur noch 60 Prozent in den Läden. Deswegen werden Läden als Verkaufsstelle relativ teurer, der Umsatz pro Laden, pro qm geht zurück, was logischerweise dann immer wieder zu Ladenschließungen führen wird.

Rheinpublik Ihre Vorgehensweise ist noch nicht bei allen Einzelhändlern in Bonn zu finden, sprich die Kombination von stationärem und online Handel. Der jetzige Lockdown hat das System von Call und Collect gefördert. Glauben Sie, dass nach der Pandemie der stationäre Handel sich auch vermehrt mit Online-Handel vermischen wird?

Herr Hergarten: Das würde ich den Kollegen, die noch keinen Online-Handel haben, dringend raten, denn man muss sagen, dass Online-Marketing oder Online-Kaufen auch einige Vorteile hat. Wenn es draußen schneit und windet und kalt ist und die Stadt mal wieder im Dauerstau, ist es schon angenehm, zu Hause im Warmen zu sitzen und durch verschiedene Klicks etwas zu bestellen, was dann im Netz auch teilweise günstiger ist, als in einem Geschäft. Wir haben ja in Bonn leider keine gute Erreichbarkeit in der Innenstadt. Ich kann Kunden verstehen, die sagen, draußen regnet es, die Parkgebühren werden immer teurer, man steht im Stau , so ist das Kaufen im Online absolut verständlich. Es wäre schön, wenn dann die online-Bestellung bei einem Bonner Händler landen würde.

Rheinpublik Zu dem Thema Online-Handel und Stationärer-Handel gibt es eine Zukunftsinitiative des Handelsverbands HDE und Google seit September 2020. Haben Sie hier in Bonn feststellen können, dass diese Initiative von einzelnen Händlern aufgegriffen worden ist?

Herr Hergarten: Die Entscheidung, sich mit Online zu befassen oder auch nicht, hat natürlich ganz großen Einfluss auf das Geschäft. Zunächst ist es ein großer finanzieller Aufwand, einen Online-Shop auf die Beine zu stellen. Es macht nur dann Sinn, wenn man das auch längerfristig betreibt. Das kann man nicht aus dem Hut zaubern, sondern es bedarf mühsamer, monatelanger Arbeit, sich bemerkbar zu machen und hängt auch von den Produkten ab, die ich anbieten will.

Rheinpublik: Ihr Online Handel ist mir erstmals beim ersten Lockdown durch Werbung aufgefallen.

Herr Hergarten Damals haben wir die Werbung für diesen Geschäftsteil deutlich verstärkt und das mit Erfolg.

Rheinpublik: Was schlagen sie ihren Einzelhandels-Kollegen in Bonn vor?

Herr Hergarten: Ich kann nur allen Kollegen dringend raten, wer sich jetzt noch nicht mit Online befasst hat, der wird es bereuen, denn der Kunde erwartet auch dieses Angebot vor Ort. Nicht nur ich als Händler muss es wollen, sondern es gilt die bekannte Regel „der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“, d. h. dem Kunden muss man es auch schmackhaft machen. Er muss spüren, dass seine Erwartungshaltung erfüllt wird, dass dieser Online-Bereich als Service-Dienstleistung ganz normal zum Angebot dazugehört, dass er online bestellen kann, wenn er krank ist oder im Urlaub, etc. Man muss im Grunde versuchen, das Beste aus beiden Welten anzubieten.

Der Online-Bereich ist einer der stärksten Veränderungen der letzten Jahrzehnte. Man muss als Händler, der stets am Puls der Zeit ist, sich auf vieles einstellen, auf Kundenwünsche, auf neue Marken, auf Kundenverhalten. Die letzten zehn Jahre gab es einen Trend zu neuen, sinnvollen Naturprodukten, die ökologisch ausgerichtet sind. All  das hat auch immer direkt mit dem Menschen zu tun. Ich vergleiche einmal etwas salopp die Veränderung stationär/online mit der Autoindustrie und der Entwicklung von benzin-betriebenen Fahrzeugen zu elektro-betriebenen. Das ist eine ganz andere Welt, was einen großen „Cut“ bedeutet, der wie bei uns Einzelhändlern nur schwer zu verdauen ist. Wir sind seit Jahrzehnten gewohnt, die Menschen, den Kunden, im Mittelpunkt unseres Geschäftes hier in Bonn zu haben. Wir kennen unsere neuen Kunden nicht. Im Netz ist es ein Kunde aus München oder aus Hamburg, den ich nicht kenne und diese Veränderung ist epochal.

Rheinpublik Sie haben vorhin davon gesprochen, dass sich persönliche Beziehungen ihrer Mitarbeiter zu Kunden entwickelt haben. Nun bietet das Netz ja auch die Möglichkeit der personalisierten Werbung. Machen Sie davon Gebrauch?

Herr Hergarten: Die neuen Medien, vornehmlich Instagram und Facebook, werden bei jungen Leuten und teilweise bei nicht mehr ganz so jungen Leuten, durchaus sehr stark wahrgenommen. Aber auch dort muss man sehen, dass man nicht übertreibt, dass die Kunden im Briefkasten nicht 100 Werbesendungen haben möchten und der Briefkasten überquillt. Auch online-Werbung wird nur von einem gewissen Teil von Kunden angenommen und angeschaut. Insofern ist es zwar ein unabdingbarer Weg, sich im Online-Bereich bemerkbar zu machen, ist aber auch mit Kosten verbunden und mit großem zeitlichem Aufwand.

Was mich am Anfang verwundert hat, war die Auswahl der Kunden, die bei uns bestellt haben. Ich dachte, dass es mehrheitlich Kunden aus dem Großraum Bonn und dem Rheinland sind, Kunden die von Vollmar schon einmal gehört haben. Das ist aber nur zu 20 Prozent der Fall, die anderen 80 Prozent sind wirklich Kunden, die sich aus ganz Deutschland, von Sylt bis Garmisch-Partenkirchen, aus Hamburg, München, Berlin rekrutieren und die wahrscheinlich noch nie im Leben den Namen Vollmar aus Bonn gehört haben.

Rheinpublik Wie kann der lokale Händler auf sein Call und Collect und Online-Portal lokal aufmerksam machen?

Herr Hergarten: Da will ich wieder so ein kleinen Erfahrungssatz anbringen, „Die großen Fische fressen nicht die Kleinen, sondern die Langsamen“.  Das heißt heute: ein kleiner Händler, muss schnell handeln. Er hat auch jetzt die Chance, sich bemerkbar zu machen. Was wir in die Waagschale werfen müssen als lokale Händler, ist das wir uns eben lokal besser auskennen als ein Großfilialist, d. h. man muss die Kontakte nutzen, die man hat. Das geht über den Sportverein, den Karneval, klassisch über Anzeigen, über soziale Kontakte, über Instagram, über alles, was man sonst im Prinzip machen kann. Dass man seine eigenen Autos beklebt, über die Mitarbeiterin, diese motiviert „Mensch mach auch mal in deinem privaten Bereich Werbung über Facebook für uns“. Es gibt ganz viele kleine Mosaiksteine, die man nutzen kann. Bei allem hat der Lokale den Vorteil, den ein Großfilialist nicht hat, weil er sich in Bonn nicht auskennt.

Rheinpublik Das gilt für Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis, da gehe ich mal von aus?

Herr Hergarten: Ja!

Rheinpublik Gibt es eine Institution, die dem lokalen Händler mit Rat und Tat zu Seite steht? Die sie hier benennen können?

Herr Hergarten: Das ist in erster Linie der Einzelhandelsverband, die Interessenvertretung aller Händler hier im Rhein-Sieg Kreis mit Euskirchen und  Bonn. Dann die-City-Marketing, da wird das gemacht, was wir Händler nebenbei sonst in unserer normalen Arbeitszeit auch noch leisten müssten. Ich muss leider sagen, einen ganz dicken fetten Minuspunkt gibt es vom Einzelhandel für die Stadt Bonn selbst.  Uns wird so gut wie  nicht geholfen, im Gegenteil durch eine, in unseren Augen unverständliche Verkehrspolitik werden uns sogar noch Knüppel zwischen die Beine geworfen, angefangen von einer Verkehrsführung, die den Autofahrern sehr stark behindert, nach Bonn zu kommen. Das kann man überhaupt nicht verstehen, weil eine Stadt durch Ihre Faszination durch den Handel erst lebt. Wenn der Rat der Stadt Bonn tatsächlich sozial eingestellt ist, muss er auch etwas für die sozialen Kontakte der Menschen in der Innenstadt machen. Am Hof sieht man, die negativen Auswirkungen nicht mehr zu vermietender Ladenlokale.   Wenn die Kaufhäuser verschwunden sind, wenn das Angebot klein ist, dann werden die Städte sterben, das kann doch nicht im Interesse der Politik sein. Insofern mein Appell an die Politik, die Innenstädte, im Bereich wo es machbar ist, zu unterstützen und nicht noch durch Verkehrsverschlechterungen die letzten Kunden noch zu vergraulen.

Für das Leben in der Innenstadt, für Kultur, Restaurants, für das Leben der Geschäfte vor Ort brauchen wir einen vernünftigen Verkehrsmix.

Rheinpublik: Vielen herzlichen Dank!

Das Gespräch wurde für Rheinpublik von Dr. Thomas Zeit geführt.

Der Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe e.V. bildet nicht nur Pflegekräfte aus, sondern wirbt auch dafür und fördert die Integration.

Der Bedarf an Pflegefachkräften wird in den nächsten Jahren weiter steigen. Bereits heute sind 3,4 Millionen Pflegebedürftige auf die Hilfe von gut ausgebildeten Pflegekräften angewiesen Tendenz steigend (1). Aber schon jetzt sind nicht genügend Stellen in der Pflege besetzt. Genau hier bringt sich der Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe e.V. ein. Als gemeinnütziger Träger setzen wir uns mit vielfältigen Initiativen und Projekten für das Thema Fachkräfteausbildung und -qualifizierung in der Pflege ein. Außerdem tragen wir zur gesellschaftspolitischen Anerkennung des Pflegeberufs bei.

Mit knapp 400 Auszubildenden sind wir eine der größten Pflegeschulen in der Region. Dazu werden etwa 100 weitere Menschen auf die Ausbildungsreife vorbereitet. Neben der dreijährigen Ausbildung als Altenpfleger*in bzw. Pflegefachfrau/ Pflegefachmann können Interessenten beim Bonner Verein auch die einjährige Ausbildung als Altenpflegehelfer*In absolvieren.

Außerdem bieten wir Mitarbeiter*Innen und Führungskräften in der Pflege die Möglichkeit, mit berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildungen ihre Fachkompetenz zu erweitern. Das Engagement des Bonner Vereins beginnt jedoch schon viel früher. Mit unserer lückenlosen Bildungskette ist es gelungen, auch Menschen zu befähigen, eine Ausbildung zu beginnen, die zunächst noch nicht die notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Das können etwa junge Erwachsene sein, die ihren Hauptschulabschluss nachholen möchten, ebenso wie zugewanderte Menschen, die in der Pflege arbeiten möchten.

Wir orientieren uns am ganzheitlichen Menschenbild und haben neben der Sprachvermittlung und der fachlichen Qualifikation auch die soziale und berufliche Integration im Fokus. So bieten wir seit einigen Jahren verschiedene Projekte zur beruflichen Integration von geflüchteten Menschen an, in deren Rahmen die Teilnehmenden von einer Stufe zur nächsten begleitet und betreut werden. Es beginnt bei Sprachkursen mit und ohne pflegespezifischen Bezug über die Begleitung zu Ämtern bis hin zur Unterstützung bei der Anerkennung von Abschlüssen.

Das von der SKala-Stiftung geförderte Projekt „Sprungbrett Pflege“ zum Beispiel richtet sich an geflüchtete Menschen, die Interesse an einer Ausbildung in der Pflege haben und bietet einen niederschwelligen Einstieg und eine lückenlose Bildungskette, mit der sie sukzessive für eine Pflege-Ausbildung interessiert und befähigt werden. Neben dem Sprachunterricht und der Vermittlung von System- und Fachwissen zur Pflege, haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss nachzuholen.

Auch Ausflüge, Kommunikations- und Bewerbungstrainings gehören zum Programm. Zentrale Ziele sind dabei die gesellschaftliche und berufliche Integration, immer begleitet von einem Mentorenprogramm und der Kinderbetreuung. Die Teilnehmenden werden so langfristig bei ihrer beruflichen Integration in die Pflege unterstützt.

Ein besonderes Augenmerk legen wir auf Mütter mit Migrationshintergrund. Viele dieser Frauen sind nicht berufstätig, obwohl sie sich eine berufliche Perspektive wünschen. Im Rahmen des Projekts „Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Europäischen Sozialfonds gefördert wird, bereitet der Verein Migrantinnen mit Kindern auf den Einstieg in einen hauswirtschaftlichen, pflegerischen oder erzieherischen Beruf vor.

Zunächst unterstützen wir die Teilnehmerinnen bei der Anerkennung eines eventuellen ausländischen Schulabschlusses. Falls dieser nicht vorliegt oder eine Anerkennung in Deutschland nicht möglich ist, können die Teilnehmerinnen im Bonner Verein den Hauptschulabschluss nachholen, der sie für die nachfolgende Ausbildung qualifiziert.

Neben Unterricht der deutschen Sprache erwerben die Frauen grundlegende Schlüsselkompetenzen für die Pflege oder Berufe im erzieherischen und hauswirtschaftlichen Bereich. Die Teilnehmerinnen, die sich für die Pflege entschieden haben und die entsprechenden formalen Voraussetzungen mitbringen, beginnen eine berufsqualifizierende Ausbildung, die nach einem Jahr in dem Beruf der staatlich anerkannten Altenpflegehelferin mündet, oder nach drei Jahren mit dem Abschluss der staatlich anerkannten Altenpflegerin/Pflegefachfrau beendet wird.

Teilnehmerinnen, deren Berufswahl auf erzieherische oder hauswirtschaftliche Berufe gefallen ist, unterstützen wir bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Nicht selten ist die Teilnahme am Projekt für die Frauen die erstmalige Chance, sich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren und finanzielle Unabhängigkeit sowie eine sichere berufliche Perspektive zu erlangen. Mit seinen Projekten setzt sich der gemeinnützige Verein gleich für die Lösung zweier gesellschaftlicher Herausforderungen ein: Einerseits streben viele zugewanderte Menschen nach Arbeit und finanzieller Unabhängigkeit. Andererseits fehlen insbesondere in der Pflegebranche gut qualifizierte Fachkräfte. Wir möchten mit unserem Engagement in der Integrations- und Bildungsarbeit beide Herausforderungen angehen und die Gesellschaft so zum Positiven verändern.

Mit einer Geldspende können Sie unsere Arbeit unterstützen und einen persönlichen Beitrag für Nachwuchs in Pflegeberufen und der Förderung von Integration leisten.

(1) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/786456/umfrage/marktvolumen-in-der-ambulanten-undstationaeren-pflege-in-deutschland/,

http://www.bv-pg.de

Mit kreativen Aktionen wie mit den Weinen IMPFSTOFF und LOCKDOWN haben die Ahr-Winzer ins Schwarze getroffen

Mit kreativen Aktionen wie mit den Weinen IMPFSTOFF und LOCKDOWN haben die Ahr-Winzer ins Schwarze getroffen

Seit rund einem Jahr hat sich das Leben weltweit verändert. Die Corona-Pandemie ist allgegenwärtig und beeinflusst das öffentliche Leben und die Wirtschaft enorm. Dass man in diesen schwierigen Zeiten trotz der bedrohlichen Lage den Humor nicht verlieren darf, zeigt die Dagernova Ahr Weinmanufaktur mit zwei Sonderabfüllungen.

Mit dieser und anderen Aktionen stellt sich die Winzergenossenschaft auf die neue Situation ein und zeigt, dass sie sich nicht auf über 140 Jahren Tradition ausruht, sondern immer wieder Innovationen hervorbringt.

Bereits im Oktober stand der IMPFSTOFF-Wein, ein trockener Basis Spätburgunder in den Regalen, um als limitiertes Produkt das Weihnachtsgeschäft anzukurbeln. Die Marketingaktion hat die Erwartungen mehr als übertroffen, und so stand die Abfüllanlage bis Dezember nicht still! Kunden, Firmen und auch neue Dagernova-Fans aus ganz Deutschland waren begeistert vom IMPFSTOFF, der – wie das Etikett mitteilte  garantiert nicht gegen das Virus half, aber die Lage ein wenig erträglicher machte. Kurz vor Weihnachten meldete die Dagernova dann: AUSVERKAUFT!

Aber wer nun meint, dass sich die Dagernova auf den Lorbeeren ausruhte, liegt falsch, denn die zweite Auflage stand bereits in den Startlöchern. Aufgrund der hohen Nachfrage nach einer weißen Variante des IMPFSTOFFES haben wir unsfür einen halbtrockenen Spätburgunder Blanc de Noir entschieden und ihm den Namen LOCKDOWN gegeben.

Zeitgleich mit der von Bund und Ländern verordneten Verlängerung der Corona-Schutzmaßnahmen und der damit verbundenen Lockdown-Verlängerung stand die neue Sonderabfüllung in den Regalen und auch hier reißt die Nachfrage nicht ab. Auf dem Etikett wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Wein im nicht-öffentlichen Raum und mit maximal einer weiteren Person getrunken werden soll. Ein weiterer Hinweis lautet: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte unsere Winzer oder Kellermeister.

Die bedrohliche Lage weltweit wird aber keinesfalls verharmlost. Im Gegenteil: Die Dagernova Ahr Weinmanufaktur ist sich der existenziellen Bedrohung vieler Betriebe bewusst und hat sich bewusst dazu entschieden, 1 € pro verkaufter Flasche des LOCKDOWN-Weins an die langjährigen regionalen Gastronomiepartner zu spenden. In dieser Krise müssen wir alle zusammenstehen. Daher freuen wir uns über die Unterstützung der vom Lockdown hart betroffenen Gastronomie durch unsere Kunden.

Mit E-Mails an die Mitglieder unseres Kundenclubs, an andere Kunden, mit Anzeigen in den regionalen Medien und weiteren Maßnahmen werben wir für unsere weiteren Angebote: Einkaufen in unseren – auch jetzt geöffneten – Vinotheken in Dernau und Bad Neuenahr, bei unserem online-shop und mehr. Neu ist zum Beispiel die virtuelle Weinprobe mit unserem Kellermeister über Zoom.

Bei dem LOCKDOWN-Wein handelt es sich um einen halbtrockenen Dagernova Spätburgunder Blanc de Noir, der dank einer gezügelten Kaltvergärung eine enorme Fruchtausbeute vorweisen kann. Ausgewogen im Geschmack und in der Nase ein blumiger, fruchtiger Duft nach Birnen und Quitten versprechen einen Trinkgenuss der Extraklasse.

Der LOCKDOWN-Wein ist im Online-Shop unter www.dagernova.dehttp, sowie in den Vinotheken der Dagernova Ahr Weinmanufaktur in Dernau und Bad Neuenahr erhältlich.

Wein IMPFSTOFF – schon ausverkauft
LOCKDOWN-Wein, ein halbtrockener Dagernova Spätburgunder Blanc de Noir
Noch viel auf Lager: Stefan Stahl, links, Technischer Vorstand, Dominik Hübinger, Vorsitzender des Vorstands