Künstliche Intelligenz (KI) in der Schule – für viele klingt das immer noch nach einem
großen Missverständnis. Nach einem digitalen Geist, der plötzlich in den Klassenzimmern
herumspukt und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dafür sorgt, dass
Schülerinnen und Schüler zeitnah „verblöden“. Kein Gespräch über Bildung vergeht, ohne
dass irgendjemand warnt, KI sei ein Schummeltool oder eine Abkürzung für die Faulen.
Und während wir uns über vermeintliche Risiken echauffieren, arbeitet die Realität längst
weiter: 62 Prozent der Jugendlichen nutzen KI regelmäßig – vor allem für Schule und
Hausaufgaben. Nicht, weil sie alle schummeln wollen, sondern weil die Technologie da ist.
Weil sie ihnen hilft. Weil sie Teil ihrer Lebenswirklichkeit ist und bleiben wird. Die
eigentliche Frage ist also nicht, ob KI in die Schule kommt, sondern wie wir sie gestalten.
In NRW kommt KI zu langsam in den Schulen an
Und genau da hat NRW ein Problem: KI kommt viel zu langsam in unseren Schulen an.
Man muss sich das einmal vor Augen führen: Ein zerfleddertes Klassenbuch, das sich
schon an den Ecken hochrollt – damit arbeiten Lehrkräfte im Jahr 2025. Elternbriefe
werden mit Füller geschrieben, Prüfungsprotokolle ebenfalls. Geld wird in Briefumschlägen
eingesammelt. Die Lehrkräfte, die bereits heute KI nutzen wollen, tun das aktuell noch
ohne Rückendeckung und ohne Infrastruktur – auf eigene Kappe und oft sogar auf eigene
Kosten. Das Ergebnis: Schülerinnen und Schüler nutzen KI ungesteuert, Lehrkräfte
würden sie gern einsetzen, trauen sich aber nicht. Eine Landesregierung, die in dieser
Situation ein Pilotprojekt für 25 Schulen als großen Fortschritt feiert, zeigt vor allem eins:
Ihr fehlt die Strategie. Nach viel Druck von unserer Seite wurde immerhin nun
beschlossen, den Online-Chat-Bot „telli“ an die Schulen zu bringen. Das hat zwar viel zu
lange gedauert, aber wir sind froh, dass die Landesregierung unserer Forderung am Ende
nachgekommen ist. Nun bleibt zu hoffen, dass das nicht nur eine Eintagsfliege, sondern
ein wichtiger erster Schritt ist, dem viele weitere folgen werden. Mit „telli“ können sowohl
Schülerinnen und Schüler beim individuellen Lernen, als auch Lehrkräfte bei
organisatorischen Aufgaben unterstützt werden.
KI ermöglicht echte individuelle Förderung
Wir Freie Demokraten sehen KI in der Bildung als große Chance. KI kann endlich das
ermöglichen, was seit Jahrzehnten in jeder Bildungsdebatte gefordert wird: echte
individuelle Förderung. Stellen wir uns einen KI-Lernbegleiter vor, der die Stärken und
Schwächen eines Kindes erkennt, passende Übungen vorschlägt und Lernwege
dynamisch anpasst: Ein System, das nicht überfordert, sondern unterstützt, das
Wiederholung anbietet, wenn etwas noch nicht sitzt, oder anspruchsvollere Aufgaben,
wenn jemand schon weiter ist. Kinder mit Sprachbarrieren könnten sich Texte übersetzen
lassen, Erklärungen in einfacher Sprache bekommen oder auditiv unterstützt werden. Ein
solcher Lernbegleiter ersetzt keine Lehrkraft, aber schafft Zeit für das, was wirklich zählt.
Denn wenn die technischen Grundlagen stimmen, kann KI die pädagogische Arbeit
vertiefen. Sie kann helfen, Lernprozesse transparent zu machen, Kreativität fördern, indem
sie Denkanstöße liefert und nicht Denkprozesse ersetzt. Sie kann Schülerinnen und
Schüler befähigen, statt sie zu bevormunden. Und nicht zuletzt vermittelt der Umgang mit
KI in der Schule wichtige Zukunftskompetenzen, die jede und jeder im späteren
Berufsleben brauchen wird.
KI erleichtert Verwaltung und schafft Zeit für Zuwendung
Die zweite große Dimension liegt dort, wo vieles im Hintergrund abläuft: In der
Schulverwaltung. Die traurige Wahrheit ist, dass unsere Lehrkräfte zu viel Zeit am
Schreibtisch verbringen und zu wenig im Klassenraum. Industrie und Handwerk nutzen KI
längst täglich, um Abläufe zu vereinfachen, Material zu planen, Dokumentation zu
automatisieren. Warum übertragen wir das nicht auf Schulen? KI kann Elternbriefe
vorbereiten, Übersetzungen erstellen, Termine koordinieren, Anwesenheiten
dokumentieren, Stundenpläne erstellen, Prüfungsfragen generieren oder Statistiken
automatisch zusammenstellen. Das digitale Klassenbuch, das digitale Klassengeld,
digitale Protokolle – das alles wäre eine große Entlastung. Jede Stunde, die eine Lehrerin
nicht mit Formularen verbringt, ist eine Stunde mehr für ihre Klasse. Für Gespräche, für
Sorgen, für Förderung, für Bindung – also für den Teil des Lehrerberufs, den keine
Technologie der Welt ersetzen kann.
Mut zur Veränderung!
Beide Dimensionen – KI im Klassenzimmer und KI in der Verwaltung – verfolgen ein
gemeinsames Ziel: Mehr individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. Dafür
braucht es Mut zur Veränderung. Keine Pilotprojektchen, keine Ankündigungen, sondern
echte Weichenstellungen mit konkreter Strategie und Zeitplan. Schulen brauchen
Werkzeuge, keine Überschriften. Sie brauchen politische Rückendeckung ohne
bürokratische Hürden. Und sie brauchen eine Regierung, die versteht, dass Digitalisierung
kein Zukunftsthema ist, sondern schon seit Jahren Realität.
KI verändert unsere Welt. Sie verändert Arbeit, Kommunikation, Wissen. Und sie wird
auch Schule verändern – ob wir wollen oder nicht. Die Frage ist nur: Gestalten wir diesen
Wandel aktiv und gerecht? Oder überlassen wir ihn dem Zufall, finanziellen Möglichkeiten
einzelner Kommunen, dem Engagement einzelner Schulen oder Lehrkräfte? Die Antwort
ist doch eigentlich klar: Wir dürfen uns nicht länger mit Kreidestaub zufriedengeben. Jede
Schülerin und jeder Schüler verdient die beste Bildung. Jede Lehrkraft verdient die besten
Werkzeuge. Wenn wir KI klug einsetzen, gewinnen wir das Wertvollste zurück, was Schule
braucht: Zeit. Zeit für Menschen. Zeit für Bildung. Zeit für individuelle Förderung. Und ob
auch ich heute ein bisschen Zeit gewonnen hab, weil Teile dieses Textes mit KI entstanden
sind – das überlasse ich Ihrer Fantasie.