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1. Februar 2023

Die MINT-Lücke ist in den letzten zwei Jahren wieder deutlich größer geworden.Um die strukturellen Herausforderungen zu meistern, sind verschiedene Maßnahmen mit unterschiedlicher Wirkungsgeschwindigkeit umzusetzen.

MINT-Herbstreport 2022: MINT sichert Zukunft

Nach einem Corona-bedingtem Rückgang im Jahr 2020 ist die MINT-Lücke in den letzten zwei Jahren wieder deutlich angestiegen und zeigt hohe Engpässe auf. Im Oktober 2022 lagen in den MINT-Berufen insgesamt rund 502.200 zu besetzende Stellen vor.

Gleichzeitig waren bundesweit 176.910 Personen arbeitslos gemeldet, die gerne einem MINT-Erwerbsberuf nachgehen würden. Daraus lässt sich in einem ersten Schritt im Rahmen einer unbereinigten Betrachtung ableiten, dass über sämtliche Anforderungsniveaus bundesweit mindestens 325.290 offene Stellen in MINT-Berufen nicht besetzt werden konnten. Unter Berücksichtigung des qualifikatorischen Mismatches resultiert für Oktober 2022 eine, über sämtliche 36 MINT-Berufskategorien aggregierte, Arbeitskräftelücke in Höhe von 326.100 Personen. Mit 154.400 Personen bilden im Oktober 2022 die MINT-Facharbeiterberufe die größte Engpassgruppe, gefolgt von 137.500 Personen im Segment der MINT-Expertenberufe sowie 34.200 im Segment der Spezialisten- beziehungsweise Meister- und Technikerberufe.

Differenziert man die Lücke nach MINT-Bereichen, so zeigen sich die größten Engpässe in den Energie-/Elektroberufen mit 84.900, in den Berufen der Maschinen- und Fahrzeugtechnik mit 62.500 und in den IT-Berufen mit 58.700.

Der Ukraine-Krieg ist mit großen Unsicherheiten für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland und damit auch mit den kurzfristigen MINT-Bedarfen verbunden. Erste kleinere Auswirkungen zeigen sich bereits bei den Engpässen in den Ingenieurberufen Bau, bei denen das hohe Engpassniveau in den letzten Monaten im Zuge der inflationsbedingt stark gestiegenen Zinsen und der damit verbundenen Abnahme der Baunachfrage leicht abgenommen hat. Der durch die notwendige Anpassung der Geschäftsmodelle ausgelöste und verstärkte Innovationsdruck führt in vielen anderen MINT-Bereichen hingegen zu steigenden Bedarfen.

Was zu tun ist

Um die strukturellen Herausforderungen der Zukunft zu meistern, sind verschiedene Maßnahmen mit unterschiedlicher Wirkungsgeschwindigkeit umzusetzen. Langfristig wirken sich dabei bessere Bildungschancen in der Gesellschaft für das MINT-Fachkräfteangebot aus. Mittel- bis langfristig kann eine stärkere Digitalisierung der Bildungseinrichtungen und eine Stärkung der MINT-Bildung das MINT-Fachkräfteangebot stärken. Kurz- bis mittelfristig wirken sich Maßnahmen bei den Potenzialen von Frauen und Zuwanderern positiv aus.

Bildungschancen verbessern

  • Zielgruppe Kinder mit Migrationshintergrund: Um die Potenziale besser zu erschließen, sollten die Ganztaginfrastruktur an Kitas und Schulen ausgebaut, mehr Sprachförderprogramme angeboten, die Kita-Teilnahme von Kindern mit Migrationshintergrund erhöht und mehr Netzwerke zur Unterstützung der Kinder durch Familienzentren an Kitas und Schulen geschaffen werden.
  • Zielgruppe Kinder aus bildungsfernen Haushalten: Um die Potenziale von Kindern aus bildungsfernen Haushalten besser zu erschließen, sollten die Qualität an Ganztagseinrichtungen, an Kitas und Schulen erhöht und zusätzliches multiprofessionelles Personal differenziert finanziert über einen Sozialindex zur Verfügung gestellt werden.
  • Corona-Aufholprogramm: Um die coronabedingten Lernlücken zu schließen, sollten basierend auf Vergleichsarbeiten an allen Schulen gezielte Förderprogramme umgesetzt, evaluiert und weiterentwickelt werden.

Digitalisierung der Bildungseinrichtungen voranbringen

  • Lücken bei digitaler Ausstattung und IT-Administration schließen: Die noch bestehenden Lücken an digitaler Infrastruktur an Kitas und Schulen sollten geschlossen sowie 20.000 zusätzliche IT-Stellen an den Schulen für Administration und zur Unterstützung der Lehrkräfte geschaffen werden.
  • Lehrkräfteausbildung: Die informations- und computerbezogene Bildung sollte in die Lehrkräfteausbildung integriert und es sollten zusätzliche Weiterbildungsangebote für digitale Lernformate geschaffen werden. Seiten- und Quereinsteiger sind ebenso entsprechend zu qualifizieren.
  • Lehrmaterialien: Der Vorschlag der SWK, länderübergreifende Zentren für digitale Bildung zu schaffen, sollte umgesetzt werden. In diesen Zentren sollten unter anderem digital gestützte Lehr-Lernmaterialien für den MINT-Bereich entwickelt werden. Ferner sollte eine intelligente Lernsoftware entwickelt werden, die Schülerinnen und Schüler motiviert und Lerndefizite beheben kann.

MINT-Bildung stärken

  • Digitale Kompetenzen und Informatik als Schulfach ausbauen: Digitale Medienbildung sollte bereits in der Vorschule stattfinden und das Fach Informatik als Unterrichtsbestandteil ab der Primarstufe eingeführt werden.
  • MINT-Lehrkräfteversorgung sicherstellen: Die Ausbildung von Lehrkräften sollte gesteigert und Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger sollten besser qualifiziert werden.
  • Gesamte Bildungskette stärken: Darüber hinaus sind zur Stärkung der MINT-Bildung Maßnahmen entlang der gesamten Bildungskette zu entwickeln und außerschulische Angebote zu stärken.

Potenziale der Frauen heben

  • Klischeefreie Studien- und Berufsorientierung: Durch eine klischeefreie Berufs- und Studienorientierung sind die Potenziale der Frauen für MINT-Berufe besser zu erschließen. Die Bedeutung der MINT-Berufe als Klimaschutz-Berufe sollte deutlicher kommuniziert werden. Angebote zur Berufs- und Studienorientierung sollten an den Schulen stärker ausgebaut werden.
  • Feedbacksysteme zu den Stärken: Ein unverzerrtes Feedback zu den Stärken durch die Schulen ist für die Berufs- und Studienwahl von besonderer Bedeutung. Die vorhandenen MINT-Stärken sollten gerade Mädchen und jungen Frauen besser verdeutlicht werden.
  • Mentorenprogramme zur Orientierung: Mentorenprogramme zur Orientierung der Schülerinnen und Schüler sollten ausgebaut sowie Netzwerke in die Zivilgesellschaft weiter gestärkt werden.

Potenziale der Zuwanderung erschließen

  • Chancen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes nutzen: Bürokratische Prozesse sind zu verbessern, und es sollte weiterhin gezielt um Zuwanderer im Ausland geworben werden.
  • Zuwanderung über das Bildungssystem: über die Hochschule zuwandernde Personen haben besonders häufig eine MINT-Qualifikation. Entsprechende Kapazitäten sollten weiter gestärkt und Programme zur Begleitung und finanziellen Unterstützung der Bildungsteilnehmer aus dem Ausland ausgebaut werden.
  • Attraktive neue Regelungen für Arbeitsplatzsuche schaffen: Für Personen mit MINT- und anderen gesuchten Qualifikationen sollten Visa zur Arbeitsplatzsuche in Deutschland attraktiver gestaltet werden.

https://www.iwkoeln.de/themen/bildung-und-qualifizierung/mint.html