für die Menschen in Bonn, Rhein-Sieg-Kreis und die Nachbarn an Rhein, Ahr und Erft

Appell: sofort Betreuung in Kitas organisieren

Die Corona-Pandemie hat vor unserem Land keinen Halt gemacht und nun kämpfen wir alle, einen Weg zu finden, damit klar zu kommen. Zwar ist die R-Quote gesunken, aber nichts destotrotz können wir lange nicht jede Ansteckung nachvollziehen – und bemühen uns darum auch gar nicht (mehr). Die Idee des “Containment” ist damit offensichtlich verworfen worden. Vielmehr möchte man jetzt – nachdem wir einen mehrwöchigen Shut-Down hinter uns gebracht haben – das öffentliche Leben schrittweise wieder öffnen.

Dies begrüße ich grundsätzlich sehr, jedoch möchte ich die Schwerpunktsetzung der Lockerungsmaßnahmen in Frage stellen: Während Herr Söder und Herr Laschet bei der meinungsbildenden BILD-Zeitung bereits am 20. April verkündet haben, dass eine Rückkehr der Bundesliga am 9. Mai denkbar sei (https://www.youtube.com/watch?v=e68Cq-TyEXw), findet ein Thema in der öffentlichen Meinung kaum statt und zwar: Die Rechte unserer Kinder. Als arbeitende Mutter dreier Kita-Kinder (sechs, vier und zwei Jahre alt) appelliere ich daran, endlich auch die Rechte der Kinder zu wahren.

Die UN-Kinderrechtskonvention sieht ein Recht auf Bildung und ein Recht auf Spiel vor; Artikel 8 Absatz 32 der UN-Kinder­recht­s-Kon­ven­tion verpflichtet die Ver­tragsstaat­en, alle geeigneten Maß­nah­men zu tre­f­fen, um sicherzustellen, dass Kinder beruf­stätiger Eltern das Recht haben, die für sie in Betra­cht kom­menden Kinder­be­treu­ungs-Ein­rich­tun­gen zu nutzen.

Diese Rechte werden im Augenblick mit den Füßen getreten.

Die Begründung für die Einschränkungen, die Kinder gerade hinnehmen müssen, ist gewissermaßen lapidar. Die Leopoldina führt in ihrer 3. Ad-hoc-Stellungnahme aus:

“Da kleinere Kinder sich nicht an die Distanzregeln und Schutzmaßnahmen halten, gleichzeitig aber die Infektion weitergeben können, sollten die Kitas für die jüngeren Jahrgänge bis zu den Sommerferien weiterhin im Notbetrieb bleiben. (…) Dies setzt voraus, dass berufstätige Eltern weiterhin durch eine sehr flexible Handhabung von Arbeitszeiten und -orten sowie finanziell unterstützt werden.”

Dieser Argumentation eines Gremiums, dem unsere Bundeskanzlerin nach eigener Aussage höchstes Vertrauen entgegenbringt, möchte ich folgendes entgegenhalten:

  • Sie setzt sich in keiner Weise mit den o.g. Rechten der Kinder auseinander. In einem Rechtsstaat, in dem jeder Eingriff in Grundrechte an Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit zu messen ist, ist das zu wenig. Wenn man – wie in unserem Land – keine Containment-Politik macht, ist alles eine Frage der Abwägung. Diese fällt hier nicht nur zulasten der Kinder aus, sondern findet schlichtweg nicht statt. Keine Frage: Wirtschaft ist wichtig, aber Kinder sind die Wirtschaft von morgen!
  • Die Argumentation gaukelt vor, dass nach den Sommerferien irgendeine Änderung eintritt, die die Wiederaufnahme des Kita-Betriebs zulässt. Dies könnte nur ein Impfstoff oder ein Medikament sein. Dass ein solches in vier Monaten auf dem Markt ist, wagen nicht einmal die Forschesten zu behaupten. Und dass es bislang keinen Impfstoff gegen irgendeine Art von Corona -Viren gibt (trotz Forschung bei Sars und MERS), wird auch lieber nicht zu laut gesagt. Wollen wir die Kitas ad ultimo schließen?
  • Der Argumentation der Leopoldina folgend, dürfte kein Politiker sich öffentlich bejahend zur Wiederaufnahme der Bundesliga äußern, denn “Da Fußballspieler sich nicht an die Distanzregeln und Schutzmaßnahmen halten, gleichzeitig aber die Infektion weitergeben können, sollte die Bundesliga weiterhin [unterbrochen] bleiben.” Es wird aber trotzdem gemacht, da alles eine Frage der Abwägung ist. Und da muss man doch sehr laut fragen, wieso Fußball wichtiger sein sollte als Kinderbildung und -betreuung!
  • “Weiterhin […] eine sehr flexible Handhabung von Arbeitszeiten und -orten “? Hat die Leopoldina sich mal damit befasst, ob Arbeitgeber das überhaupt tun? Oder wie viele? Oder wie lange noch? Und wie viele Eltern selbstständig sind? Es wird billigend in Kauf genommen, dass irgendwann ein Elternteil seinen Beruf aufgeben muss, um sich um sein Kind kümmern zu können. Und das, wo alle Wirtschaftswissenschaftler die “Ultra-Rezession” kommen sehen…

Die Lösung für Kinder und Eltern kann also nicht die Schließung der Kitas sein, bis Kita-Kinder “endlich” lernen, Hygiene-Maßnahmen einzuhalten.

Daher appelliere ich an Politiker und andere Verantwortliche:

  • Tragen Sie Sorge dafür, dass Forschung stattfindet! Sind Kinder “Superspreader” wie anfangs behauptet? Sehr vieles deutet darauf hin, dass dies nicht zutrifft. Für die Prüfung der Geeignetheit der Kita-Schließungen im Kampf gegen das Virus, ist Forschung Pflicht.
  • Tragen Sie Sorge dafür, dass Konzepte erarbeitet werden, wie eine Betreuung der Kinder in Kitas organisiert werden kann und damit die Kinderrechte auf Bildung und Spiel gesichert werden können und Eltern eine Perspektive gesichert wird. Es gibt doch einige Möglichkeiten, die über die Notbetreuung hinausgehen: Kleingruppen, die auf mehrere Schichten oder verschiedene Wochentage verteilt werden. Die Anmietung externer Räumlichkeiten. Waldkindergarten statt Gruppenräume.
  • Bieten Sie Eltern, deren Kinder oder sie selbst zur Risikogruppe gehören oder die schlichtweg Angst vor einer Infektion haben, Alternativen in Form eines “Corona-Elterngeldes” an. Oder führen Sie staatliche Subventionen und eine gleichzeitige Hochsetzung des 450-Euro-Jobs für “Nannys” ein. Wobei ich betonen möchte, dass dieses nur ein alternatives nachrangiges Mittel sein kann, da es gerade keine Bildung und kein Spiel für die Kinder sichert. Überdies hilft erstere Alternative Selbstständigen gar nicht und wäre auch für Arbeitnehmer nur mit Vorsicht zu genießen, wenn sie bei ihren Arbeitgebern gegenüber nicht als “entbehrlich” in Augenschein treten möchten.

Unsere Kinder und wir Eltern haben nun sechs Wochen lang gute Miene zum bösen Spiel gemacht – nun wird es Zeit, uns wahr- und ernst zu nehmen!

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